Forschungsdaten: Praktisches am Institut für Ethnologie, Neues an der Universität

„Gibt es ein Backup für meine Feldnotizen?“ – „Was müssen andere über meine Interviews wissen, um die Transkripte selbst für ihre Forschung verwenden zu können?“ Solche und ähnliche Fragen stellten sich Studierende in einem Seminar am Institut für Ethnologie unserer Universität Anfang Mai. In dem von Christian Löffelsender und Carola Mohn angebotenen Kurs „Transition Towns & Visuelle Ethnographie“ stand eine Sitzung ganz im Zeichen von Forschungsdaten.

Forschungsdaten sind Daten, die den Ausgangspunkt von Forschung bilden oder beim Forschen entstehen: wichtige Grundlagen wissenschaftlicher Erkenntnisse. Typische ethnologische Forschungsdaten sind neben den erwähnten Feldnotizen und transkribierten Interviews etwa Audio- und Videoaufzeichnungen, Fotografien und Beobachtungsprotokolle.

Der gute Umgang mit Forschungsdaten – das sogenannte Forschungsdatenmanagement – beginnt damit, dass man sich die richtigen Fragen stellt: Welche Arten von Daten fallen in meiner Forschung an? Welche davon muss ich aufheben, welche kann ich später löschen? Welche Informationen muss ich hinzufügen, damit die Daten später noch verstanden werden – auch von anderen?

Um die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars mit den Grundlagen des Datenmanagements vertraut zu machen, hatten sich die beiden Lehrenden Verstärkung aus der Arbeitsgruppe Forschungsdaten der Universität Leipzig geholt. Ein Vertreter der AG – der Autor dieses Beitrags– gab eine Einführung und stellte die Forschungsdaten-Angebote der Universität Leipzig vor. Im Anschluss daran begannen die Studierenden, für ihr Semesterforschungsprojekt einen eigenen Datenmanagementplan zu schreiben.

Die Infoseite „Forschungsdatenmanagement“ der Uni Leipzig (Screenshot).

Zu Gast war auch die Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Ethnologie, Professorin Ursula Rao. Sie wies darauf hin, dass die qualitativ arbeitenden Geistes- und Sozialwissenschaften in der aktuellen Debatte um Forschungsdaten besonders herausgefordert sind: Anders als etwa bei naturwissenschaftlichen Experimenten seien gerade in der Ethnologie Forschende oft selbst Teil eines Forschungszusammenhangs. Das Erheben von Daten sei ein interpretativer Prozess, genauso wie das Kuratieren und Präsentieren von Daten. Dies müssten Forschende reflektieren und aufpassen nicht einen naiven Datenbegriff zu vertreten, der hinter den bereits erreichten Stand in der Methodologie-Debatte zurückfällt. Rao ermutigte die Studierenden, Standards zu hinterfragen und kreativ neue Wege in der Datenerhebung und Darstellung zu beschreiten.

Studierende an das Thema Forschungsdaten heranführen – das ist nur ein Beispiel für die Aktivitäten der AG Forschungsdaten an der Universität Leipzig. Vor rund einem Jahr wurde die AG vom Rektorat beauftragt, Bedarfe zu ermitteln, eine Forschungsdaten-Policy zu entwickeln und ein Informations- und Beratungsangebot auf die Beine zu stellen. Mittlerweile sind zentrale Ergebnisse sichtbar:

Mit dem Internet-Relaunch im Dezember 2018 ging die Seite Forschungsdatenmanagement online. Hier finden sich allgemeine Infos zum Thema, Ansprechpersonen für Beratungen und Termine aktueller Veranstaltungen. Und kurz vor Ostern 2019 hat die Universität ihre Forschungsdaten-Policy veröffentlicht: „Grundsätze für das Management von Forschungsdaten an der Universität Leipzig“ (PDF). Ähnlich wie in der Open Access Policy werden hier die Forschenden zwar nicht verpflichtet, aber doch nachdrücklich ermuntert, mit den Grundlagen und Resultaten ihrer Arbeit verantwortungsbewusst umzugehen und sie möglichst auch im Sinne von Open Science für die Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Brandneu: Die Grundsätze für das Management von Forschungsdaten an der Universität Leipzig (Ausschnitt).

Obwohl hier nicht überall UB Leipzig draufsteht, ist doch viel UB Leipzig drin: In der AG Forschungsdaten arbeitet die Bibliothek eng mit dem Prorektorat Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs, dem Dezernat für Forschungs- und Transferservice und dem Universitätsrechenzentrum zusammen. Mitglieder der AG bieten persönliche Beratung sowie Kurse und Vorträge an, auch in Form von Coffee Lectures in der Bibliotheca Albertina.

Warum engagiert sich die UB Leipzig für Forschungsdaten? Wir, die UB Leipzig, sind Dienstleister für die Wissenschaft, auch und gerade für Wissenschaft im digitalen Wandel. Unsere Kompetenz können wir besonders da einbringen, wo es um das Auffindbarmachen von Informationen, um das Veröffentlichen und um entsprechende technische Dienstleistungen geht – klare Bibliotheksthemen also. Hier gibt es in Zukunft viel zu tun. Wir bleiben dran.

Ihre Fragen und Anliegen rund um Forschungsdaten erreichen die AG unter forschungsdaten@uni-leipzig.de.

Stephan Wünsche

Dr. Stephan Wünsche ist an der Universitätsbibliothek Leipzig Referent am Open Science Office und unter anderem für die Themen Forschungsdatenmanagement und Forschungsinformation zuständig. Außerdem ist er Fachreferent für Musik.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert