Handwritten Text Recognition

Collage aus Handschrift und HTR im Einsatz

Die UB Leipzig hat in ihren Beständen mehr als 7.000 Handschriften in lateinischer Schrift, davon rund 3.000 aus dem Mittelalter; dazu noch über 3.500 Handschriften in anderen Schriftsystemen wie arabisch, persisch, griechisch oder hebräisch – und da sind die 5.000 Papyri und Ostraka noch nicht mitgezählt. Es handelt sich also um einen enormen Fundus an Daten, von dem Forschende weltweit profitieren, den zu erschließen aber einen erheblichen Aufwand bedeutet. Im Bereich Sondersammlungen und am Handschriftenzentrum wird genau diese Erschließungsarbeit geleistet. Was dort aber in der Regel bislang nicht passiert, ist, die Handschriften in Gänze zu transkribieren und einen Text herzustellen, der sowohl von Menschen ohne Spezialkenntnisse als auch von Maschinen gelesen und verarbeitet werden kann.

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Die Tote im Weinkeller oder Was ist eine gedruckte Leichenpredigt?

Sarg in Hist. Sax. 46

Der Tod kam zur Mittagszeit in das Haus des wohlbekannten Leipziger Weinhändlers Joachim Schröter und holte dessen Ehefrau Katharina. Der überlieferte Bericht formuliert: „sie wurde aus dieser Vergänglichkeit in die ewige Herrlichkeit aufgenommen“.

Dies alles hatte an
ihren Kräften gezehrt. 

Katharina hatte ihrem Eheliebsten in sieben Jahren fünf Kinder geboren, diese samt den Kindern aus der ersten Ehe ihres Mannes, den Haushalt und natürlich auch den Gemahl selbst aufopferungsvoll umsorgt. Dies alles hatte an ihren Kräften gezehrt. „Ob nun gleich alle behagliche Stärkung gebraucht worden, so hat sich doch ihre Unpässlichkeit nach und nach also gemehret, daß ein febris maligna cum petechiis (bösartiges Fieber mit Hauteinblutungen) drauß worden“. Später stellte sich ein „schmertzlich Hauptweh mit großem Durst und Mattigkeit“ ein. Der „medicus“ setzte alle erforderlichen Mittel ein, also zuvörderst den Aderlass. Dazu verordnete er „herrliche Alexipharmaca (Gegengifte) mit Bezoarticis vermischet und andere köstliche Arzneien“. (Bezoare sind Verklumpungen von unverdaulichen Materialien, z. B. Haaren, die den Mägen von Raubtieren entnommen und als Medizin verabreicht wurden.) 

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Wissenschaftliche Zeitschriften auf dem Prüfstand

Datenbanken entfernen vermehrt Journals aus ihren Indices

Im Jahr 2024 wurden aus dem Directory of Open Access Journals (kurz: DOAJ) 636 Zeitschriften entfernt. Darunter waren 400 mit der folgenden Begründung aus dem Index entfernt worden: „Journal not adhering to best practice“ – also, weil sich die jeweilige Zeitschrift nicht an die allgemein anerkannte Branchenpraxis des wissenschaftlichen Publizierens halte. Allein 17 Zeitschriften waren darunter von einem der publikationsstärksten Verlage überhaupt, dem Open-Access-Verlag MDPI AG. Im März 2023 war bereits die Nachricht durch die wissenschaftliche Presse gewandert, dass eines der Flagship-Journals des Verlags keinen Journal Impact Factor (JIF) mehr erhalten würde. Dieser ist gekoppelt daran, dass die Zeitschrift im sogenannten Science Citation Index im Web of Science geführt wird. In der Folge kam es zu einem Reputationsverlust, der in einem massiven Einbruch der Einreichungs- und Publikationszahlen Ausdruck fand.

Aber was haben diese Ausschlüsse von ganzen Zeitschriften aus den verschiedenen Datenbanken zu bedeuten? Was sind die Hintergründe? Diese möchten wir im Folgenden beleuchten, ebenso wie die Schlüsse, die wir für die Open-Access-Förderung der Universität Leipzig daraus ziehen.

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Almanach für Halle

Kupferstich von Halle 1576 aus Georg Braun und Franz Hogenberg „Beschreibung und Contrafactur von den vornembsten Stetten der Welt“, Köln 1576

Vom günstigen Zeitpunkt und der Goldenen Zahl – ein neu entdeckter Einblattdruck aus dem 15. Jahrhundert (Almanach für Halle für das Jahr 1501)

Wenn die alten Griechen von der Zeit sprachen, unterschieden sie zwischen den Begriffen Chronos und Kairos. Die Zeit in ihrem unabänderlichen Ablauf, die Zeit, die vergeht, messbar und quantifizierbar ist, wurde mit Chronos bezeichnet. Das alte Wort für Uhr – Chronometer – erinnert daran. Ging es hingegen um einen bestimmten Zeitpunkt, an dem irgendetwas passiert oder passieren soll, dann hatte man mit dem Kairos zu tun. In der Renaissance wurde die allegorische Figur der Göttin Occasio (die gute Gelegenheit) so dargestellt: eine geflügelte Frauengestalt, oft mit einem Messer in der Hand, trägt an der Stirn einen großen Haarschopf, der Hinterkopf aber ist kahl rasiert: Wenn man das Glück nicht kurz entschlossen am Schopf packt, kann man es nicht nachträglich an den Haaren zurückzerren.

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20 Jahre Digitalisierung an der UB Leipzig

Fragen und Antworten

Bereits 2003 war mit dem Papyrusprojekt das erste große Digitalisierungsprojekt der UB Leipzig in Kooperation mit der ThULB Jena und der ULB Halle gestartet. Die Digitalisierung fand zunächst in Jena statt. Die damit verbundenen Transportrisiken für die wertvollen Originale waren jedoch sehr hoch, so dass beschlossen wurde, diesen Arbeitsschritt in höchstmöglicher Qualität in der UB Leipzig selbst durchzuführen.

Sinar-Back (Foto: Olaf Mokansky)

2005 wurde daraufhin die Anschaffung eines HIT Reproscanners realisiert, dessen Herzstück, das Kamerarückteil Sinar 54H mit dem großen Sensor war. Dieser Schritt kann als Geburtsstunde der professionellen Einzelstück-Digitalisierung an der UB Leipzig gesehen werden.

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Unsere erste „Nacht der Bibliotheken“

Aufgeregte Kinderstimmen, Bastelkleber, ehemalige Studentinnen, Mediävisten und viele Leipziger*innen trafen am 4. April 2025 an der Universitätsbibliothek Leipzig aufeinander. Gleich an vier Standorten begrüßten wir Neugierige und Abenteuerlustige zur ersten bundesweiten „Nacht der Bibliotheken“.

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Sieben Fragen an … Dr. Henriette Rösch

Liebe Frau Dr. Rösch,
am 1.1.2025 haben Sie offiziell Ihr Amt der neuen stellvertretenden Direktorin der UB Leipzig angetreten. Mittlerweile sind 100 Tage vergangen. Um dieses Jubiläum gebührend zu feiern, wollen wir kurz innehalten und unsere 7 Fragen an Sie richten. Dafür, also um Ihrem Beginn in einer so zentralen Position für Ausrichtung und Funktionieren der UBL gerecht zu werden, haben wir unser klassisches 7-Fragen-Format etwas modifiziert: Wir haben versucht, unsere Fragen stärker auf eine strategisch-inhaltliche Ebene zu heben, Visionen, Ideen und Wünschen mehr Raum zu geben. Natürlich sollte aber auch ein kleiner Blick hinter die Kulissen, ins Private, nicht fehlen.

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Musik sichtbar machen

Die stille Kunst der Katalogisierung musikalischer Bestände an der Universitätsbibliothek Leipzig

Partituren, Klavierauszüge, Aufführungsmaterial, CDs, Abspielgeräte für Tonträger… Die Universitätsbibliothek Leipzig (UBL) ist, neben vielem anderen, ein Ort, an dem Studierende, Forschende, Lehrende und Musikliebende auf eine umfangreiche Sammlung musikalischer Werke und Ressourcen treffen – eine Sammlung, der sich eine Bibliothekarin mit besonderer Sorgfalt und Fachkenntnis widmet.

An drei Standorten stehen den Nutzenden die musikalischen Bestände der UBL zur Verfügung: in der Bibliothek Musik, im Musikinstrumentenmuseum und in der Bibliotheca Albertina. Aber wie finden Noten und Fachbücher ihren Weg von der Bestellung bis ins Regal? Welche Herausforderungen bringt die Pflege und Einarbeitung dieser Werke mit sich? Wir werfen einen Blick über die Schulter der Bibliothekarin Ildikó Held, die sich seit 1999 um diesen besonderen Bestand kümmert.

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Leipzig liest 2025

Die Veranstaltungen von Leipzig liest 2025 in der Bibliotheca Albertina vom 26. bis 29. März waren auch dieses Jahr wieder ein fulminanter Erfolg für alle Literatur-Liebhaber*innen. Rund 1.000 Besuchende verteilt auf sechs Veranstaltungen durften wir im Café Alibi, im Vortragssaal und im Lesebereich West begrüßen. Ein Highlight war sicherlich der Besuch der Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk. Wir teilen die Eindrücke dieser spannenden Abende!

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Vom Sozialismus geprägt

Ein zweiter Blick in den EinBlick Ausgabe #7

Am 22. August 2024 übergab der Numismatiker Klaus Werner aus Magdeburg der Universitätsbibliothek Leipzig seine tausend Objekte umfassende Spezialsammlung von Medaillen aus der Produktion des VEB Walzwerk Hettstedt. Die Sammlung stellt einzigartiges Quellenmaterial zur DDR-Geschichte bereit und vermittelt in repräsentativer Breite, welche Anlässe des DDR-Lebens als denkwürdig und für eine feierliche Dokumentation in Medaillenform angesehen wurden.

Das Walzwerk Hettstedt wurde 1907 auf Beschluss der Mansfeldischen Kupferschiefer bauende Gewerkschaft gegründet. Im Fokus stand die Herstellung von vorgefertigten Rohmaterialien aus Kupfer und Messing. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es zunächst als Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft weitergeführt und schließlich ab 1954 als Volkseigener Betrieb der Deutschen Demokratischen Republik bis zu seiner Schließung im Jahr 1991 betrieben.

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