Arsenbelastung im Altbestand der UBL
Derzeit beschäftigt sich die Bibliothekswelt mit einem einigermaßen „giftigen“ Thema. Was eigentlich schon länger bekannt ist, wurde 2021/22 im Rahmen eines KEK-Modellprojekts an der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn genauer untersucht.
Grüne oder gelbe Farben, die im 19. und frühen 20. Jahrhundert gerne in Buchschnitten, Einbänden, oder auch Signaturschildern und Vorsätzen genutzt wurden, können potentiell giftige arsenhaltige Pigmente enthalten. Man nimmt grob den Zeitraum zwischen 1800 und 1900 an, in dem diese Farben hauptsächlich verwendet wurden. Bekannt sind diese Farben als „Schweinfurter Grün“ oder „Scheele Grün“. Zu einem Verbot der Herstellung der arsenhaltigen Farben kam es 1878.
In der Bonner Studie wurde festgestellt, dass ca. 50 % dieser „giftgrünen“ Schnitte und Einbände tatsächlich arsenbelastet und damit potentiell gesundheitsgefährdend sind. Arsen ist vor allem im Kontakt mit Haut, Augen oder Schleimhäuten gefährlich oder auch über die Staubbelastung z. B. bei Buchschnitten, die alterungstypisch abpudern können. Allerdings ist allein der Einsatz von grüner oder gelber Farbe noch kein Hinweis auf giftige Pigmente.
Auch die Universitätsbibliothek Leipzig mit ihrem sehr umfangreichen Altbestand ist von diesem Problem betroffen. Erste Tests zeigen, dass – ebenso wie in schon publizierten Studien beschrieben – nur ein bestimmter Anteil der „grünen“ Bücher betroffen ist. Ebenso hat sich gezeigt, dass der Anteil an Arsen in den Farben sehr unterschiedlich ist. In welchem Ausmaß nun die „Giftigkeit“ bzw. damit einhergehend die potenzielle Gefährdung zum Beispiel bei der Benutzung eines belasteten Buchs ist, wurde bisher wissenschaftlich noch nicht relativiert.
Welche Maßnahmen ergreifen wir oder haben wir ergriffen?
Seit dem Sommer 2023 arbeiten wir eng mit dem Büro für Umweltschutz und Arbeitssicherheit der Universität Leipzig zusammen. Für die Mitarbeiter*innen, die mit diesen Büchern Kontakt haben, wurden entsprechende Maßnahmen besprochen und mit Handlungsanweisungen umgesetzt.
Des Weiteren werden seit Herbst 2023 in einem laufenden Prozess Medien, die als mögliche Verdachtsfälle gelten, sukzessive für die Benutzung gesperrt und entsprechend gekennzeichnet. Auch Buchbestellungen aus diesem Zeitraum werden selbstverständlich vorab beim Ausheben geprüft und im Verdachtsfall nicht rausgegeben.
In einem späteren Schritt können wir diese Medien dann auf Arsen testen. Parallel hierzu gibt es natürlich Überlegungen, wie man künftig mit arsenbelasteten Büchern umgehen kann: Können restauratorische Optionen genutzt werden, um z. B. die pudrigen Farbpigmente zu festigen, Einbände zu erneuern oder wird es bei dauerhaften Nutzungssperren mit vorheriger Digitalisierung bleiben …
Bei Anfragen zu gesperrten Medien kann es entsprechend zu Verzögerungen kommen oder in Einzelfällen dazu führen, dass wir diese aktuell nicht oder nur sehr verzögert bearbeiten können.
Sie möchten mehr zu diesem Thema lesen?
- Papier zum Forschungsprojekt Schriftgut (SGB): Grüne Bände aus der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn
- BA-Arbeit Juliane Wetten: Konservatorischer Umgang mit arsenhaltigem Bibliotheksgut
- KEK-Projekt: Arsenbelastete Einbände wieder nutzbar gemacht
- Werkstattbericht: Der Umgang mit potentiell arsenbelasteten Bibliotheksbeständen an der Universitätsbibliothek Kiel
Über die Dosis macht sich wohl fast gar keine Gedanken, oder? In Lebensmittel gilt ein Grenzwert von 200 Mikrogramm pro Kilogramm. In Kiel wurden im Staub bei relvanten Beständen Konzentrationen von 1,9–7,9 Mikrogramm gefunden. Arsen und Arsenverbindungen sind ein natürlicher Bestandteil des Grundwassers und vieler Lebensmittel. Ja, auch die gefährlichen anorganischen Arsenverbindungen gehören dazu.
Bibliotheken sind tatsächlich gefährliche Orte in vielerlei Hinsicht (geworden). Also Bücher bitte sorgsam lesen und nicht verschlingen.