Sieben Fragen an … Isolde Bertha

Zum Jahresende 2021 geht ein weiteres „Urgestein“, das lange ein unverzichtbarer Teil unserer Magazin-Crew war: Frau Isolde Bertha. Wir alle werden sie arg vermissen. Bei der Vorbereitung auf den Abschied ist ihrer langjährigen Kollegin Sabine Volkmer aufgefallen, dass sie, obwohl die beiden sich sehr gut kennen, manches doch nicht mehr weiß (oder nie gewusst hat). Deshalb hat sie einige, nämlich genau sieben, der vielen Fragen gestellt, auf die wir alle noch gern eine Antwort hätten, bevor sie dann … ja, was macht sie eigentlich dann?

Doch lesen Sie selbst, was Sabine Volkmer alles wissen wollte:

1. Liebe Isolde, viele die hier arbeiten, mich eingeschlossen, kennen die Bibliothek nur mit Dir. Seit wann genau bist Du aber hier und wie hat es Dich eigentlich damals ins Magazin verschlagen?

Ich begann am 01.09.1975 meine Lehre in der UB. Danach arbeitete ich ein Jahr in der Einbandstelle und bin anschließend zur Fachschule gegangen. Das Praktikum absolvierte ich in der damaligen Zw1 (das ist die heutige Campus-Bibliothek, Anm. der Blogredaktion). Dort wurde dringend ein Leiter fürs Magazin gebraucht und so landete ich im Magazin. Es war am Anfang durchaus nicht mein Wunscharbeitsplatz, aber es dauerte nicht lange bis ich merkte, dass mir die Arbeit im Magazin liegt und auch Spaß macht.

Als 2005 die Zw1 geschlossen wurde, kam ich als „Übergangslösung“ bis zur Wiedereröffnung der Campus-Bibliothek ins Magazin der HB (Bibliotheca Albertina). Aus dem geplanten Jahr wurden 16 Jahre.

2. Bei uns im Magazin fallen, man glaubt es kaum, tatsächlich viele unterschiedliche Arbeiten an. Unsere Hauptarbeiten sind das Ausheben und das Einstellen der bestellten und zurückgegebenen Literatur. Des Weiteren bearbeiten wir viele Listen verschiedenster Art und machen Revisionen. Welche dieser Arbeiten hast Du immer gern gemacht?

Nach wie vor, man glaubt es tatsächlich kaum, sind die „reinen“ Magazinarbeiten wie Ausheben und Einstellen meine Lieblingsarbeiten. Man hat einfach das Erfolgserlebnis und sieht, was man erledigt hat. Das ist bei Listenbearbeitung u. ä. nicht ganz so. Aber auch das mache ich ab und zu gern. Hier ist es bei mir „die Mischung macht’s“.

3. Ausgelassen habe ich bei der Aufzählung das Räumen. In unserer Bibliothek wurde und wird immer geräumt, ob routinemäßig oder aufgrund der Renovierungs- oder Brandschutzarbeiten. Besonders von Dir wurden riesige Bücher- und Zeitschriftenberge „versetzt“, hast Du unzählige Kilometer an Buchbeständen geräumt. Wie ist so etwas überhaupt zu schaffen? Gibt es einen Geheimtipp oder ist es „pure“ Muskelkraft?

Nein, einen Geheimtipp gibt es nicht. Man muss sich ein tägliches Ziel setzen und auch für längere Zeit „dranbleiben“. Das kostet doch manchmal ganz schön viel Überwindung.

Ganz ungezählt sind die Meter aber nicht. Ordentlich, wie Magaziner sind, kann ich sagen, dass in der Zeit von 2005 bis 2015 ca. 14.000 m – davon ca. 3.000 m an Zeitschriften und Dissertationen sogar wegen der Zwischenlagerung 2-3 mal – von mir gerückt wurden. Das Räumen, Sortieren und Umräumen der Kapseln und Filme/Fiches usw. kann man schlecht in Metern angeben, hat mich aber auch ein paar Jahre beschäftigt.

Möglich war das aber nur, weil die Kollegen mir den Rücken freigehalten haben und die Personalsituation noch nicht so angespannt war.

4. In vielen Bereichen der Bibliothek hat sich in den letzten Jahrzehnten wahnsinnig viel verändert, neue Tätigkeitsbereiche, neue Formate und Produkte sind hinzugekommen. Die Bibliothek mit ihren Abläufen ist eine ganz andere als noch vor wenigen Jahrzehnten. Wie hast Du diesbezügliche Veränderungen im Magazin wahrgenommen oder hielt sich das sogar eher in Grenzen?

Es hat sich im Magazin viel verändert und doch sind die Grundarbeiten eigentlich die gleichen geblieben. Total verändert hat sich das Signatursystem, welches nicht nur für neue Mitarbeiter eine Herausforderung ist. Es gibt zum Beispiel für Dissertationen sieben verschiedene Signaturtypen. Durch den Einzug der Technik sind die Möglichkeiten von Revisionen u. ä. gewaltig gestiegen. Man kann nun z. B. direkt im Libero (das Bibliotheksmanagementsystem der UBL, Anm. der Blogredaktion) oder mit Reports den Bestand überprüfen.

5. Gibt es unter den ca. drei Millionen Medieneinheiten, die sich in Deiner Obhut befinden, Lieblingsstücke, die Du gern mal hervorholst? Und weshalb magst Du die so?

Ach ja, da gibt es wirklich eins. Dazu muss ich kurz erklären wie ich es entdeckte. Beim Einstellen fiel mir eine alte Öse auf, welche auf dem Fußboden lag. Da mir der Altbestand doch sehr am Herzen liegt, habe ich mir die Mühe gemacht und das dazugehörige Buch gesucht. Natürlich musste ich mal kurz blättern und fand das Buch toll! Also brachte ich es zum Herrn Graf in die Restaurierung. Er brachte Öse und Haken wieder zusammen, so dass die Schließe wieder komplett ist. Es wurde gegen den Schimmel in eine „Mikrowelle“ gepackt und steht nun für hoffentlich weitere 300 Jahre im Magazin der Bibliotheca Albertina.

Des Weiteren fand ich einen alten Holzeinband, der auch das Interesse der Holzwürmer geweckt hatte, sowie ein Vorsatzblatt aus dem ein Teil herausgeschnitten wurde (wer brauchte dieses Stück Papier und wofür?), …

… die wunderbaren Abbildungen, die verschieden großen Schrifttypen und natürlich die Noten. …

… im hinteren Teil wurde etwas nachträglich eingebunden usw. …

… man sieht, dass das Buch ständig genutzt wurde, aber trotzdem noch toll aussieht. …

6. Wir waren sehr stolz auf unsere Buchtransportanlage, die, speziell angefertigt, durch die Warmluftschächte der ehemaligen Heizung verlief. Diese wurde Anfang 2020 stillgelegt. Was hat das für Dich bedeutet und wie ist das Arbeiten nun ohne die Anlage?

Für mich war die Anlage Fluch und Segen zugleich.

Toll war, dass man nicht immer (so wie jetzt) wegen zwei bis drei Büchern durch das ganze Haus flitzen muss, sondern Bücher in die Kiste, abschicken, fertig.

Besser finde ich jetzt die Bearbeitung des Rücklaufs. Man packt sich die Bücher auf den Wagen, geht einstellen und hat den Magazinbereich „erledigt“. Das war mit der Anlage nicht der Fall. Es kamen ja ständig die Kisten in den einzelnen Magazinen an.

Auch vermisse ich den Lärm in unseren Arbeits- und Pausenraum überhaupt nicht. Das ständige Öffnen und Schließen der Feuerschutztüren war doch schon sehr belastend.

7. Der Staub der Bücher, der ja doch immer ein bisschen da ist, das anstrengende Bücherrücken, das sich nicht vermeiden lässt, die teilweise fensterlosen und zugigen Magazinräume –  dies alles wirst Du sicher nicht vermissen. Aber gibt es etwas, von dem Du denkst, dass es Dir vielleicht fehlen wird? Und worauf freust Du Dich am meisten?

Ach doch, ich glaube ich werde doch alles vermissen. Immerhin gehörte alles ja 46 Jahre zu meinem Leben. Aber mit Sicherheit werde ich die Kontakte mit den Kollegen und Kolleginnen sehr vermissen.

Die kurzen Gespräche im Aufzug, das Winken durch die Scheibe des Bürofensters, der kurze Plausch am Absigniertisch und natürlich an erster Stelle den Kontakt zu „meinen Maggis“.

Am meisten freue ich mich auf das Ausschlafen, darauf, spontan und ohne Planung mal was zu unternehmen und natürlich mehr Zeit für die Familie zu haben.

Aber sicher werde ich ab und zu mal in die UB einfallen und mir eine „Nase voll“ Magazinluft und ein kurzes Gespräch im Aufzug „abholen“.

Liebe Isolde, herzlichen Dank für das Gespräch, wir wünschen eine wunderbare und entspannte Zeit!

Sophia Manns-Süßbrich (UBL)

Dr. Sophia Manns-Süßbrich ist Fachreferentin für Amerikanistik, Anglistik und Slavistik an der Universitätsbibliothek Leipzig.

Ein Kommentar

  1. Gerda   •  

    Ich find eure Reihe „Sieben Fragen“ echt klasse!

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