Jana Gehring ist Mitarbeiterin in der Campus-Bibliothek
Das Virus kam wie ein Sturm bei Nacht. Lautlos brach er Wege, hat vertraute verweht. Und das Leben stolpert wie ein unruhiges Herz. Ein ganzes Jahr.
Meine Hände sind rau von der vielen Desinfektion. Sie berühren schon lange keine anderen mehr. Ich verstecke sie in der Manteltasche auf dem Weg zur Bibliothek.
Ja, ich gehe noch zur Arbeit, wo es still geworden ist und die Räume leer. Wie in einem alten Ferienhaus sind Stühle und Tische aufgeräumt, wenn der Sommer geht. Ich lege Zeitungen aus, die keiner lesen wird. Es ist 8 Uhr. Ich summe vor mich hin.
Im Büro bin ich allein. Ein anderer darf nicht mit mir sein. Anfragen im Ticket, Anfragen per Mail, ich antworte. Ein stummer Kontakt, aber wenigstens ein Kontakt, ein Berühren durch Worte. Zeit, um meinen Arbeitsplatz zu ordnen, Unterlagen zu sichten und zu archivieren, während andere zu Hause Schularbeiten machen und um Durchhalten und Hoffen ringen. Mein Job hier ist leichter.
Im Video-Chat sehe ich die Gesichter von Kolleg*innen wie in einem Bilderbuch.
Seit 10 Uhr ist die Bibliothek geöffnet. Das ist gut. Menschen ohne Münder im Gesicht. Eine Glasscheibe trennt uns zusätzlich. So bleiben wir Fremde und verstehen einander nur schwer. Das ist weniger gut, aber die, die kommen erinnern an alte Zeiten, an einen vollen Betrieb. Flüstern, rascheln, raunen – leben, helfen können und gebraucht werden. Ich freue mich und wünsche mir, dass sie gesund bleiben und wiederkommen werden.
Letzte Arbeiten am Regal. Die Metallböden scheppern. Ich rufe laut, ob noch jemand im Raum ist, weil wir gleich schließen werden. Stille. Noch einmal drehe ich mich um und lausche. Die Tür fällt ins Schloss. Es ist 16 Uhr, und ich summe vor mich hin.
Aufgrund der andauernden Corona-Pandemie haben wir unsere digitalen Angebote und Kontaktmöglichkeiten erweitert.
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Ihr, die Ihr vor Ort in den Bibliotheken die Stellung haltet, den Service auf ein Minimum reduziert, seid da: hilfsbereit und mit einem Lächeln hinter der Maske. Dafür sage ich Danke!
Liebe Jana, wann darf ich wieder mit Dir im Büro sein? Das frage ich mich … zwischen Schulaufgaben, Hoffen und Durchhalten. Sehr berührend.
Wirklich sehr schön geschrieben.