Seit dem Sommer arbeitet sie als Verstärkung des Open Science Office als Open Access Referentin für die Geistes-und Sozialwissenschaften: Frau Dr. Adriana Slavcheva. Wir möchten sie Ihnen heute in unserer Reihe „7 Fragen an …“ vorstellen und freuen uns, dass sie unsere Fragen so spontan beantwortet hat.
1. Welche geisteswissenschaftliche Disziplin haben Sie studiert und was faszinierte Sie daran am meisten?
Ich habe Germanistik, Deutsch als Fremdsprache und Russistik studiert und mich dabei auf Sprachwissenschaft spezialisiert. Am meisten faszinierten mich schon im Studium erwerbstheoretische Fragen – wie Menschen Sprachen erwerben, sei es ihre Muttersprache oder weitere (Fremd-)Sprachen. In meiner späteren Forschungstätigkeit am Herder-Institut der Universität Leipzig habe ich meine Begeisterung für die Korpuslinguistik entdeckt, bei der man sprachliche Strukturen durch empirische Analysen von authentischen Textsammlungen (sog. linguistischen Korpora) aufzuspüren versucht.
2. Wie empfinden Sie den Umstieg von der Arbeit am Institut als Nutzerin zur Bibliothek, quasi hinter die Kulissen?
Das war für mich in der Tat sehr spannend – die Möglichkeit hinter die Code-geschützte Tür zu treten und das Innenleben der Bibliothek zu ergründen, wobei ich da natürlich noch am Anfang bin. Als Mitarbeiterin im Bereich 1: Bestandsentwicklung/Metadaten konnte ich bereits faszinierende Eindrücke gewinnen, wie all die Bücher und Zeitschriften in die Bibliotheken „kommen“. Immer noch unfassbar finde ich es, mit welch immensen finanziellem und personellem Aufwand dies verbunden ist – davon hat man als Nutzerin keine Vorstellung und ist sogar manchmal schnell gereizt, wenn ein Buch im Katalog nicht verfügbar ist. Das enorme Engagement und den Einsatz von Fachreferent*innen, Bibliothekar*innen und IT-Spezialist*innen kann man sich als Nutzerin gar nicht ausmalen – diese Einblicke sind sehr beeindruckend und faszinieren mich jeden Tag aufs Neue!
3. Was fasziniert Sie an „Open Access“ am meisten?
Als Korpuslinguistin teile ich die Werte der Open-Access-Bewegung aus tiefster Überzeugung, der freie Zugang zu Wissen und die Transparenz wissenschaftlicher Forschung gehören zu meinem Selbstverständnis guter wissenschaftlicher Praxis. In den ersten Monaten meiner Tätigkeit an der UB habe ich nun auch die Perspektive der Bibliotheken kennen gelernt: Open Access als Möglichkeit zur Verbesserung der Literaturversorgung durch Abschaffung von Bezahlschranken, Senkung der Kosten für wissenschaftliche Veröffentlichungen und Schaffung eines funktionelleren, transparenteren und nachhaltigeren Publikationsmarktes.
Generell finde ich Open Access gesellschaftlich sehr relevant, denn es geht im Endeffekt darum, dass öffentlich finanzierte Forschungsergebnisse und wissenschaftliche Informationen für alle weltweit transparent und frei verfügbar sind und Forschung dadurch schneller rezipiert werden und gesellschaftliche Entwicklungen beeinflussen kann. Die Vorteile von Open Access zeigen sich in der aktuellen Corona-Pandemie besonders eindrücklich, da Wissenschaftler*innen auf der ganzen Welt auf Hochtouren nach den besten Strategien und Therapien gegen Covid-19 suchen und sich die Erkenntnis langsam durchsetzt, dass Transparenz, Offenheit und Kollaboration in der Forschung zu schnelleren und besseren Ergebnissen führen.
4. Was ist Ihnen in der Bibliothek als Erstes aufgefallen – etwas Positives oder gar Kurioses?
Nun, ich habe meine Tätigkeit mitten in der Corona-Krise aufgenommen und da ist natürlich die Maske in den öffentlichen Bereichen allgegenwärtig. In kürzester Zeit konnte ich aber vom Sicherheitsdienst dennoch erkannt werden und bekam meinen Schlüssel ganz automatisch gereicht. Dieses Erinnerungsvermögen ist schon sehr beeindruckend!
5. Sie wohnen nun schon seit 2000 in Deutschland, was vermissen Sie, wenn Sie an Ihre bulgarische Heimat denken?
So ziemlich Vieles: die Hitze im Sommer (das brauche ich regelrecht!), das Essen und das sonnengereifte Obst und Gemüse, die gemeinsamen (Kindheits-)Erinnerungen, die Familie und die Freunde natürlich. Am meisten aber vermutlich die Sprache. Und zwar nicht nur die kyrillische Schrift, obwohl sie sich für mich unerwartet als sehr prägend herausgestellt hat, und die bulgarische Sprache an sich, sondern die Art des Kommunizierens – wie man miteinander redet, die Small-Talk-Themen, die emotionale und oft schelmische Sprechattitüde und die Unbeschwertheit der Kommunikation generell.
6. Haben Sie einen Lieblingsort in Leipzig?
Ich war in den letzten sieben Jahren berufsbedingt immer nur an den Wochenenden in Leipzig, daher entdecke ich nun die Stadt gewissermaßen neu. Einen konkreten Lieblingsort habe ich nicht. Ich mag aber nach wie vor den Leipziger Westen sehr, wo es – trotz der voranschreitenden Gentrifizierung – immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt. Wie beispielsweise den geheimen und verträumten Biergarten „Pandemanfred“, den ich bei einem Spaziergang mitten in der Pandemie entdeckt habe.
7. Gibt es Fragen, die Sie an uns, das Blogteam oder die UB-Mitarbeiter*innen stellen möchten?
Warum haben Bibliotheken eigentlich immer Blogs? 😉 Andere Institutionen nutzen diesen Kommunikationskanal nicht so oft, denke ich. Sind Bibliotheksmitarbeiter*innen alle insgeheim Literaten*innen?
Gute Fragen. Das Blogteam erwägt, sich die Sieben Fragen bei Gelegenheit mal selbst zu stellen…
Die Fragen stellte Sophia Manns-Süßbrich. Porträt-Foto (innerhalb des Beitragbilds): Helge Gerischer.