Dem Katalog unter die Haube geschaut

Neben den Räumlichkeiten der UB Leipzig und der Systematik nach der die Medien in der Freihand aufgestellt sind, ist unser Bibliothekskatalog das zentrale Instrument, um Zugang zu unseren Beständen zu erhalten. Hier kann gesucht, bestellt, vorgemerkt und der konkrete Standort eines Mediums ermittelt werden – in den vergangenen Jahren auch vermehrt der direkte Zugriff auf Online-Medien.

Bis in die 1990er Jahre war ein Bibliothekskatalog noch ein ganz gegenständliches Ding: Zumeist in Form eines Zettelkastens konnte Literatur geordnet nach Autor*innen oder anderen Systematiken gesucht und gefunden werden.

  • Zettelkastenregal des alphabetischen Zettelkatalogs, Foto: T. Kademann
  • Nahansicht eines Zettelkatalogkastens, Foto: T. Kademann
  • Katalogkarte im Kasten, Foto: T. Kademann

Mit der Digitalisierung des Katalogisierens, beginnend in den 1990er Jahren, war auch zunehmend eine Suche am Computer möglich bis hin zur Recherche im über das Internet erreichbaren OPAC (Online Public Access Catalogue). Nun konnte über Suchmasken nach Schlagwörtern, Autor*innen und Titeln gesucht werden, was das Auffinden von Literatur bereits erheblich vereinfachte. Die verwendeten Suchwörter mussten jedoch relativ exakt sein, um entsprechende Treffer im OPAC zu erzielen. Auch wurde weder der Volltext durchsucht noch wurden die Treffer (abgesehen von der Sortierung nach Erscheinungsjahr oder Autor*in bzw. Titel) hinsichtlich ihrer Relevanz für die Suchanfrage geordnet.

Lösten aneinander ab: Ab Mitte der 1990er Jahren wurden unsere physischen Kataloge schrittweise digitalisiert bis schließlich die Zettelkästen für die Recherche nicht mehr notwendig waren. Der sogenannte WebOPAC sah bis 2011 an der UB Leipzig so aus.

Das änderte sich mit dem Aufkommen von Suchmaschinen, die anhand von Worthäufigkeiten oder anderen Textstatistiken die Relevanz eines Dokuments für die gegebene Suchanfrage schätzen und mittels dieser Relevanzberechnung die Dokumente ordnen. Mit diesen auch Discovery System genannten Suchmaschinen ist es möglich, Literatur zu finden, deren Titel oder Schlagwörter zwar nicht die angefragten Suchbegriffe beinhalten, diese aber dafür bspw. überdurchschnittlich häufig im Volltext vorkommen. Nicht vordergründig relevante Literatur konnte dadurch nun auch entdeckt werden.

Mit dem ab 2011 aus EFRE-Mitteln geförderten finc-Projekt  wurde auch an der UB Leipzig ein solcher Katalog mit einem Discovery System realisiert. Genau genommen wurde die Open-Source-Software VuFind dafür verwendet – und das nicht nur für die UB Leipzig sondern für elf weitere sächsische Hochschulbibliotheken.

Aus dem erfolgreichen finc-Projekt entstand die finc-Anwendergemeinschaft, die fortan den Dauerbetrieb der realisierten Kataloge und der dazugehörigen Infrastruktur sichert. Die Fortentwicklung der Kataloge fand in den vergangenen Jahren ebenfalls an der UB Leipzig statt. Häufig im Rahmen von Drittmittelprojekten, wie dem von der DFG geförderten FID adlr.link, aber auch durch die Integration der Weiterentwicklungen der Open-Source-Software VuFind durch deren internationale Community – von der die UB Leipzig auch ein aktiver Teil ist und dieses Jahr gemeinsam mit den Kollegen der Falvey Library der Villanova University den Virtual Vufind Summit organisiert.

Im Laufe der letzten Jahre ist die Zahl der finc-Anwender weiter gestiegen und so sind es mittlerweile 20 Kataloge von Hochschulbibliotheken aus dem gesamten Bundesgebiet, deren Plattform an der UB Leipzig gewartet und betrieben wird.

Aktive Entwicklung der Open-Source-Software VuFind an der UB Leipzig.

Für uns an der UB Leipzig bedeutet das nicht nur, eine Bestätigung unserer Strategie konsequent auf Open-Source-Software für unsere digitalen Dienstleistungen zu setzen, sondern auch, dass die Weiterentwicklung dieser Software ebenso essentiell für eine reibungslose Nutzbarkeit unserer Bibliothek geworden ist, wie die topaktuelle Beschilderung in unseren Standorten oder das alltägliche Zurückstellen genutzter Bücher. Anhand des Katalogs, der sichtbare Endpunkt unserer Arbeitsprozesse, kann das gut verdeutlicht werden.

“ … dass die Weiterentwicklung dieser Software ebenso essentiell für eine reibungslose Nutzbarkeit unserer Bibliothek geworden ist, wie die topaktuelle Beschilderung in unseren Standorten oder das alltägliche Zurückstellen genutzter Bücher.“

Bis zum Moment, in dem eine Neuerwerbung in unserem Katalog sichtbar wird, sind zahlreiche Arbeitsschritte notwendig: Angefangen bei der Lizenzierung von zunehmend digitalen Medien und der damit verbundenen Verwaltung der Lizenzdaten wie Vertragsbedingungen, Ebook-Pakete usw. in einem Electronic Ressource Management-System (ERM-System), ist es als erstes notwendig, dass die das Medium beschreibenden Metadaten in unseren Suchmaschinenindex übernommen werden. Je nachdem woher die Daten kommen (bspw. dem Verlag), müssen diese mitunter mit zusätzlichen Informationen angereichert und normalisiert werden, um unseren Qualitätsansprüchen für eine nützliche Verwendung im Katalog zu genügen.

Im Katalog sind die Medien anschließend grundsätzlich auffindbar, sollten jedoch für Sie als Nutzer*innen ihrem Format bzw. dem Medientyp entsprechend so aufbereitet sein, dass Sie ohne Umwege das gefundene Medium nutzen können. D. h. Print-Bestände benötigen Angaben zum Standort in der jeweiligen Bibliothek bzw. müssen aus dem Magazin bestellbar sein; die Verfügbarkeit elektronischer Artikel sollte in Abhängigkeit von Ihrem derzeitigem Aufenthaltsort ersichtlich sein; digitalisierter Altbestand muss unmittelbar einsehbar sein; reibungslose Übernahme von Literatur in Zitationssoftware usw.

Inhaltliche Komponenten des UB Leipzig Katalogs
Inhaltliche Komponenten des UB Leipzig Katalogs.

In all den genannten Arbeitsschritten verwenden wir Open-Source-Software, die an der UB Leipzig vollständig bzw. teilweise entwickelt wurde und wird – die ERM-App auf der FOLIO Plattform, diverse Tools zur Metadatenprozessierung (beispielsweise metha: https://lab.ub.uni-leipzig.de/metha/) und eben als sichtbarstes Endprodukt für Sie als Nutzende: der Katalog basierend auf VuFind.

Am Katalog der UB Leipzig und den Katalogen der anderen finc-Anwender arbeiten derzeit zehn Mitarbeiter*innen. Diese Kolleginnen und Kollegen sind für die Anbindung des Katalogs an diverse Infrastrukturkomponenten, der Verbesserung der eigentlichen Katalog-Oberfläche, die technische Unterstützung der in-House Entwicklungsprozesse sowie die Koordinierung der Aufgabenverteilung im Team und der Kommunikation mit den finc-Anwendern zuständig. Der Vorteil angesichts dieser nicht unerheblichen personellen Aufwände ist dabei kein finanzieller, sondern die Fähigkeit jederzeit auf neue Anforderungen (sei es nun seitens der Nutzer*innen oder durch neue Medien) reagieren zu können und die Ergebnisse sowohl in der finc-Anwendergemeinschaft als auch darüber hinaus in der internationalen VuFind Community nachnutzen zu können.

Wenn Sie also das nächste Mal unseren Katalog benutzen und etwas als verbesserungswürdig empfinden, dann zögern Sie nicht uns eine Nachricht zu senden: Wir sind auf Ihr Feedback angewiesen und freuen uns über jede Anregung.

 

Update 18.09.2020: die zeitlichen Angaben zur Digitalisierung unserer Kataloge wurden präzisiert.

André Lahmann

André Lahmann ist Fachreferent für Mathematik und Informatik sowie Produktmanager der finc-Kataloge an der Universitätsbibliothek Leipzig.

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