„Exit allowed?“ The manuscript is present(ed)

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Annährung an eine historische Sammlung

In der Universitätsbibliothek befinden sich 228 Handschriften in persischer Sprache. Ihr Entstehungsraum erstreckt sich vom heutigen Irak bis nach Indien, umfasst damit geografisch ungefähr den heutigen Iran. Die persischen Manuskripte sind damit Produkte und Erbe der iranischen Geschichte. Damit eröffnet sich gleichzeitig ein geopolitischer Kontext, der nicht zu ignorieren ist und eine andere Annäherung an die Sammlung notwendig macht.

Das Plakat zur Ausstellung gestaltet von Stefan Gunnesch

Um sich diese Schriften nicht nur als historische Produkte zu vergegenwärtigen, wagten wir ein Experiment. Wir luden die zwei jungen iranischen Künstler*innen Mahshid Mahboubifar und Pooya Sedighi Mournani ein – beide Studierende an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst – sich mit diesen Manuskripten auf ihre eigene künstlerische Art auseinanderzusetzen.

Durch dieses Aufeinanderprallen von historischem Manuskript und gegenwärtiger Perspektive entstanden Werke, welche wir zusammen mit ausgewählten Handschriften der Sammlung im Ausstellungsraum der Bibliotheca Albertina präsentieren. So ist die Ausstellung „Exit allowed?“ Iranian Artists meet Iranian Manuscripts / Iranische Künstler*innen begegnen persischen Handschriften entstanden.

Die Ausstellung

Von Anfang an stand den Künstler*innen offen, mit welcher Handschrift oder welchem Aspekt der Sammlung sie sich befassen wollen. Der Grundgedanke sollte sein und bleiben, dass sowohl Material, Produkt als auch Ergebnis in ihren gestalterischen Händen lag. Interessant wird die Ausstellung eben auch dadurch, wie die Sammlung der persischen Handschriften durch die künstlerische und biografische Linse der iranischen Künstler*innen wirkt.

Das Resultat dieses mehrmonatigen Prozesses sind fotografische Werke mit verschiedenen Techniken und eine Videoarbeit. Gezeigt werden diese Arbeiten umgeben von jenen Manuskripten, welche den Künstler*innen als Inspiration dienten.

Somit wird ein Einblick in sechs Jahrhunderte persische Manuskriptkultur gewährt. Das unterfangene Experiment glückt, wenn man im Ausstellungsraum hautnah erlebt, wie Vergangenheit auf Gegenwart trifft. Dieses neue Konzept einer Bibliotheksausstellung fügt sich gleichzeitig wunderbar in unser Anliegen kulturgeschichtlich relevante Bestände erlebbar zu machen. 

Wir möchten die vielschichtigen historischen Sammlungen durch digitale Bereitstellung, wissenschaftliche Aufarbeitung und breite Vermittlung erfahrbar machen. Das aktuelle Ausstellungsexperiment ist eine neue Zugangsform, diesen Anspruch einzulösen.

Dr. Anne Lipp

Der Dialog zweier Menschen aus dem Iran mit den Kulturzeugnissen ihres Herkunftslands hebt aber auch die Materialität der Objekte hervor und ihre eigene künstlerische Eigenschaft: das Gewebe aus Schrift, Layout und Buchschmuck. Die Sammlung bekommt damit ihren eigenen künstlerischen Wert. Es wird aber auch gezielt nach der Herkunft der ausgestellten Objekte gefragt. Somit wird an den Titel der Ausstellung angeknüpft: „Exit allowed“ ist übersetzt der iranische Ausfuhrgenehmigungsstempel einer Gruppe von Handschriften. Das von uns gesetzte Fragezeichen am Ende verweist auf gegenwärtige Kontexte.

Katalog Cover "Exit allowd?"
Ausstellungskatalog

Zur Ausstellung erschien auch ein 80-seitiger Ausstellungskatalog mit zahlreichen, farbigen Abbildungen, welche die Ausstellung und ihren kuratorischen Ansatz noch mal auf andere eindrückliche Weise präsentieren. Er wurde von Stefan Gunnesch gestaltet und von Christoph Mackert herausgegeben, hat 80 Seiten und ist im Buchhandel oder über den Leipziger Universitätsverlag für 24 € erhältlich. Die Museumsausgabe ist vor Ort in der Bibliotheca Albertina erhältlich und kostet 20 €.

Begleitprogramm

Gerahmt wurde die Ausstellung durch zwei Abendveranstaltungen. Am 24. Mai 2024 luden wir zu einem Abend mit traditioneller Musik aus dem Iran mit Ali Pirabi ein, begleitet von einem Gespräch mit ihm, Pooya Sedighi und Christoph Mackert. Neben der akustischen Komponente konnte man sich am 11. Juni auch visuell mit dem Thema auseinandersetzen: Unter dem Titel „Films from Iran for Iran“ zeigten wir eine Auswahl von experimentellen und dokumentarischen Kurzfilmen iranischer Filmemacherinnen. Erzwungene und gewählte Abschiede, Zurückkehren, eigene und fremde Sprachen und die Frage nach selbstbestimmten Traditionslinien waren unter anderen Sujets der Filme.

Ali Pirabi und Pooya Sedighi im Gespräch mit Christoph Mackert im Café Alibi

Am 14. Juli, um 15 Uhr bieten die Künstler*innen noch eine letzte Führung durch die Ausstellung an.

Die Ausstellung selbst läuft noch bis zum 21. Juli 2024 und ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

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