Der Nachlass Prof. Dr. Martin Petzoldts (1946–2015) an der Universitätsbibliothek Leipzig
Im Januar 2023 übernahm die Universitätsbibliothek Leipzig Bücher und Unterlagen aus dem Nachlass von Martin Petzoldt. Der Theologe und Universitätsprediger war eine wichtige Persönlichkeit der Universität Leipzig und spielte eine entscheidende Rolle bei der Neugründung der Universität Leipzig nach 1989, wofür ihm die Casper-Borner-Medaille verliehen wurde.
Martin Petzoldt wurde am 13. April 1946 in Rabenstein bei Chemnitz geboren. Er besuchte die Kreuzschule in Dresden und sang im Kreuzchor. Sein Studium der Theologie an der Karl-Marx-Universität schloss er 1969 erfolgreich mit dem mit dem Ersten Theologischen Examen ab. Es folgte 1976 die Promotion zum Doktor der Theologie an der Leipziger Universität mit der Studie „Die Gleichnisse Jesu und ihre Bedeutung für die Dogmatik“. Die Dissertation erschien 1984 bei Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen im Druck. Martin Petzoldt habilitierte sich in Leipzig 1985 mit „Studien zur Theologie im Rahmen der Lebensgeschichte Johann Sebastian Bachs“ (Dissertation B). Nach seinem Zweiten Theologischen Examen wurde er 1973 zum Pfarrer in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens ordiniert. Seit diesem Jahr arbeitete Martin Petzoldt als Assistent für Systematische Theologie in der Sektion Theologie der Karl-Marx-Universität Leipzig, zunächst befristet, seit 1976 unbefristet. 1981 wurde er zum Oberassistenten ernannt und 1986 zum Dozenten für Systematische Theologie. Von 1986 bis 1989 nahm er das Amt des stellvertretenden Direktors der Sektion Theologie wahr. Nach der Wende wurde er 1992 zum Professor für Systematische Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig ernannt. 2011 wurde Martin Petzoldt emeritiert. Von 1991 bis 1994 war er Dekan der Theologischen Fakultät. 1995 wurde er zum Zweiten Universitätsprediger und 1998 zum Ersten Universitätsprediger berufen.
Martin Petzoldt war einer der führenden Bachforscher seiner Generation, was sich in vielfältigen Engagements und Ehrungen widerspiegelte. 1990 wurde er zum Stellvertretenden Vorsitzenden und 1996 zum Vorsitzenden der Bachgesellschaft gewählt. Er war Mitherausgeber der Zeitschriften „Musik und Kirche“ und der „Theologischen Literaturzeitung“. Eng verbunden war Martin Petzoldt der Sächsischen Landeskirche. Von 1990 bis 1996 war er Mitglied der Landessynode, von 1991 bis 2014 Vorsitzender des Verwaltungsrats des Diakonischen Werks der Inneren Mission in Leipzig. Er gehörte viele Jahre dem Kirchenvorstand der Thomaskirchengemeinde in Leipzig an. 1998 wurde er für sein vielfältiges akademisches, kirchliches und gesellschaftliches Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Martin Petzoldt war verheiratet und hatte drei Kinder. Er verstarb am 13. März 2015 in Leipzig.
Im Januar 2023 übergab Renate Petzoldt den Nachlass ihres verstorbenen Mannes als Schenkung der Universitätsbibliothek Leipzig. An der Universitätsbibliothek wurde der Nachlass zunächst geordnet, Metallteile entfernt und die Unterlagen in Archivkartons fachgerecht verpackt. Insgesamt umfasst der Nachlass acht laufende Meter. Nach der Vorordnung und konservatorischen Sicherung wurden die Unterlagen in den nationalen Verbundkatalog Kalliope eingearbeitet.
Der Nachlass wurde nach Sachgesichtspunkten geordnet, beginnend mit sogenannten Lebensdokumenten wie Zeugnissen, Lebensläufen und sonstige Personalunterlagen. Mehrere tausend Briefe umfasst die wissenschaftliche Korrespondenz Martin Petzoldts. Den Kern des Nachlasses bilden Schriftstücke zur wissenschaftlichen Tätigkeit Martin Petzoldts. Dazu gehören Manuskripte in verschiedenen Ausarbeitungsstadien zu seinen Vorträgen und Publikationen sowie zu seinen Lehrveranstaltungen an der Universität Leipzig. Den inhaltlichen Schwerpunkt des Nachlasses bilden die Bach-Studien Martin Petzoldts. Dazu gehören auch die Dokumente aus seiner Tätigkeit in der Bach-Gesellschaft einschließlich ihrer internationalen Verbindungen. Interessant sind die bis in 1960er Jahre zurückreichenden Unterlagen als Mitarbeiter an der Theologischen Literaturzeitung.
Erwachsen aus seiner Tätigkeit als Hochschullehrer sind Gutachten sowie Unterlagen aus der Selbstverwaltung der Theologischen Fakultät. Dokumente mit Bezug zur evangelischen Kirche sind Schriftstücke aus seiner Tätigkeit als Landesynodaler ebenso wie zu verschiedenen ökumenischen Initiativen wie der Leuenberger Konkordie. Dicht dokumentiert ist das Wirken von Martin Petzoldt im Verwaltungsrat der Diakonie sowie als Mitglied des Kirchengemeinderats der Thomaskirche. Schließlich enthält der Nachlass eine Vielzahl von Predigten, die Martin Petzoldt als Universitätsprediger oder auch zu anderen Gelegenheiten gehalten hat.
Der Nachlass unterliegt noch Benutzungsbeschränkungen aus archiv- und datenschutzrechtlichen Gründen. Ab 2025 stehen die Unterlagen Martin Petzoldts für die Benutzung zur Verfügung. Der Nachlass dokumentiert nicht nur das Wirken eines Wissenschaftlers und Hochschullehrers an der Universität Leipzig, sondern ist darüber hinaus von Interesse für die kirchliche und theologische Entwicklung an der Universität Leipzig und in der Sächsischen Landeskirche in den beiden Jahrzehnten vor und nach 1989.