Vertragsverhandlungen professionalisieren

zwei Hände mit Stiften in der Hand, die ein Dokument unterzeichnen

Instrumente für Autor*innen und Herausgeber*innen von Open-Access-Büchern

Wer ein wissenschaftliches Buch veröffentlichen möchte, wird über kurz oder lang mit den vertraglichen Aspekten des Publizierens konfrontiert. Häufig bestehen hier bei Forschenden große Unsicherheiten. Dies betrifft sowohl Regelungen in den Verlagsverträgen selbst, deren Tragweite beispielsweise in Hinblick auf die Rechteeinräumung nicht immer klar ist, als auch die eigenen Möglichkeiten die Verträge selbst aktiv mitzugestalten. Guter Rat ist hier gefragt.

Anfang des Jahres wurde das BMBF-geförderte Projekt AuROA (Autor*innen und Rechtssicherheit für Open Access) abgeschlossen, das genau bei diesem Bedarf ansetzt. Aus dem Projekt heraus entstanden – neben informativen Beiträgen zum wissenschaftlichen Publizieren – zwei hilfreiche Instrumente für Autor*innen und Herausgeber*innen von wissenschaftlichen Büchern:

  • ein modularer Leistungskatalog mit Qualitätskriterien für Buchpublikationen sowie
  • ein webbasierter Vertragsgenerator zur Erstellung von Publikationsvereinbarungen.

Beide Tools wollen den Publikationsprozess transparenter machen und so Vertragsverhandlungen für alle Beteiligte „auf Augenhöhe“ ermöglichen.

Publishing Literacy gewinnen – Der AuROA-Leistungskatalog

„Der Leistungskatalog bietet eine Zusammenstellung von Einzelaufgaben und Leistungen, die im wissenschaftlichen Open-Access-Publikationsprozess möglich sind.“

(Quelle: Fadeeva & Graf: AuROA-Leistungskatalog für wissenschaftliche Open-Access-Publikationen, S. I, CC BY 4.0)

Verlagsangebote einholen lohnt sich!

Der 35-seitige interaktive Leistungskatalog gibt einen guten Überblick zu möglichen, aber nicht in jedem Buchprojekt zwingend erforderlichen Leistungen. Er stellt das weite Spektrum des Machbaren vor und zudem das entsprechende Vokabular zur Verfügung. Mit Hilfe des Leistungskataloges werden Autor*innen und Herausgeber*innen sprechfähiger und können ihre Anforderungen an den Verlag gezielter formulieren (Publishing Literacy). Dabei müssen freilich je nach Buchprojekt notwendige und erwünschte Leistungen individuell bestimmt werden. Insgesamt werden so Verlags- bzw. Dienstleistungsangebote und damit zugleich Preise vergleichbarer.

Screeshot einer Seite des Leistungskatalogs mit einer Liste verschiedener Publikationsformate.
Der Leistungskatalog kann als Checkliste im Publikationsprozess genutzt werden. In diesem Abschnitt stehen bspw. verschiedene digitale Publikationsformate zur Auswahl, bei denen entsprechende Häkchen gesetzt werden können. (Quelle: AuROA-Leistungskatalog für wissenschaftliche Open-Access-Publikationen, S. 4, CC BY 4.0)

Um der Heterogenität der Buchprojekte gerecht zu werden, wurde ein maximales Leistungspaket zusammengestellt. Daraus und aus der übersichtlichen Darstellung im Fragebogenformat erklärt sich die Länge des Katalogs. Die einzelnen Dienstleistungen wurden, wie das Beispiel oben zeigt, in Themenblöcken zusammengestellt.

Insgesamt wurden die Dienstleistungen in sieben Kategorien gegliedert:

  1. Herstellung
  2. Digitale Anreicherung (z. B. von Forschungsdaten)
  3. Qualitätssicherung
  4. Zusatzleistungen
  5. Verbreitung
  6. Kooperationen
  7. Lizenzierung
Auszug aus dem Leistungskatalog, hier mit einer Liste zur Meldung der Publikationen, mit zahlreichen Verlinkungen

Wo und wie ist meine Publikation zu finden? Links zu den Katalogen, Datenbanken und Technologien helfen bei der Orientierung.

Autor*innen und Herausgeber*innen werden zugleich darauf hingewiesen, was bei einer Publikation zudem beachtet werden sollte, wie z. B. Transparenz beim Datentracking oder die Einhaltung der rechtlich vorgegebenen Barrierefreiheit. Doch sind nicht alle Elemente des Leistungskatalogs sofort eingängig. Mit speziellen Themen wie Metadatenstandards, der Erstellung von Nutzungsstatistiken und dem Datenaustausch mittels APIs werden sich nur wenige zuvor intensiver auseinandergesetzt haben. Informationen stehen jedoch über im Text hinterlegte Links zur Verfügung und auch das interessierte Nachfragen beim Verlag erhöht das Verständnis einzelner Bestandteile einer Open-Access-Publikation und des Publikationsprozesses selbst.

Aus Perspektive von Wissenschaftler*innen sind die Kapitel „Qualitätssicherung“ und „Verbreitung“ jedoch mehr oder minder selbstevident, da die in verschiedenen Bereichen formulierten Qualitätsstandards direkte Auswirkungen auf die Sichtbarkeit und die Reichweite der Publikationen sowie den eigenen Reputationsgewinn haben werden.

Auszug aus dem Leistungskatalog, hier zum Thema Qualitätsstandards mit AnklickfunktionAuszug aus dem Leistungskatalog, hier zum Thema Langzeitarchivierung mit Anklickfunktion

Schließlich stellt der Leistungskatalog im Checklistenformat mit den zahlreichen Auswahlmöglichkeiten eine gute Basis für gezielte Anfragen und treffsichere Nachfragen bei Vertragsvorbereitungen dar. Die Eingabe der Basisdaten in den Vertragsgenerator von AuROA kann dann der nächste Schritt hin zu einem gleichberechtigten Verlagsvertrag sein.

Vertragsinhalte aktiv gestalten – Der Vertragsgenerator

„Durch Macht- und Wissensgefälle sind bisherige Vertragsinhalte oft einseitig diktiert, Verlagsleistungen bleiben intransparent und sind nicht standardisiert.“

Quelle: https://projekt-auroa.de/vertragsgenerator/

Nachdem Autor*innen und Herausgeber*innen mit Hilfe des Leistungskatalogs einen umfassenden Überblick zu Publikationsdienstleistungen erhalten haben, bestenfalls Angebote verschiedener Verlage eingeholt, verglichen und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis ermittelt haben, geht es an die Erstellung eines Verlagsvertrags für das Open-Access-Buch. Damit dies leichter gelingt, wurde im Projekt AuROA ein webbasierter Vertragsgenerator entwickelt. Der Generator funktioniert aber lediglich auf Grundlage der Creative-Commons-Lizenzen CC BY 4.0 (Namensnennung) und CC BY-SA 4.0 (Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen). Andere CC-Lizenzmodule bleiben hier unberücksichtigt. Anhand von Fragen und den jeweiligen Antworten werden die Nutzer*innen sukzessive durch das Tool geleitet. Am Ende des Prozesses wird ein „maßgeschneiderter Mustervertrag“ als Word-Dokument generiert.

CC-Lizenz Namensnennung
Icon der CC-Lizenz BY SA
CC-Lizenz Namensnennung & Weitergabe unter gleichen Bedingungen (share alike)

Am Anfang der Abfrage steht eine Einführung in grundsätzlichere Themen wie die Vergabe von Nutzungsrechten durch CC-Lizenzen oder das Verhältnis von Open-Access-Publikationen und der Mitgliedschaft bei VG Wort. Gleich im Anschluss wird der Verwendung von Werken Dritter nachgegangen. Standardmäßig verpflichten sich Autor*innen, sicherzustellen, dass sie die Verwendung von Drittwerken in Publikationen geregelt haben. Die Klärung der Rechtefragen ist daher im Vorfeld der Veröffentlichung unabdingbar. Verwiesen sei an dieser Stelle auf § 51 des Urheberrechtsgesetzes, der u. a. die Wiedergabe einzelner Abbildungen zur Erläuterung eines wissenschaftlichen Sachverhalts regelt.

Im Anschluss fragt der Generator, dem Inhalt des Leistungskatalogs entsprechend, unter anderem nach der Form der Veröffentlichung (rein online oder auch als Druckausgabe), dem gewünschten Qualitätssicherungsverfahren, möglichen Einreichungsformaten sowie der Bereitstellung eines Templates für die Publikation durch den Verlag. Auch Zusatzvereinbarungen finden Berücksichtigung.

Auszug aus dem Anfang eines Verlagsvertrags
Ergebnis des Vertragsgenerators und Beginn einer wundervollen Vertragsbeziehung: Der maschinell erstellte Vertragsentwurf.

Mit entsprechender Vorbereitung sind diese Fragen zügig beantwortet und ein Vertragsentwurf erstellt. Der individualisierte Entwurf kann als Ausgangspunkt für den Vertrag oder aufbauend für weitere Verhandlungen genutzt werden. Auch die Anpassung alter Standardverträge der Verlage an die Open-Access-Bedingungen kann so erleichtert werden, denn oftmals liegen Klauseln der weiterhin genutzten, alten Standardverträge mit den genuinen Anliegen von Open Access über Kreuz. Sowohl Autor*innen, Herausgeber*innen als auch die Verlagsseite gewinnen dadurch mehr Sicherheit bei Formulierungen.

Gemeinsam befördern der Leistungskatalog und der Vertragsgenerator die Publishing Literacy, d. h. die Kompetenzen von Forschenden beim wissenschaftlichen Publizieren. Sie geben hier eine wichtige Orientierung und leisten Unterstützung. Neben den zur Verfügung stehenden Tools bietet das Open Science Office der UB Leipzig immer die Möglichkeit zur persönlichen Beratung. Wir unterstützen Forschende bei Vertragsverhandlungen und allen Fragen zum Open-Access-Publizieren. Falls Sie Hilfe benötigen, kommen Sie gern auf uns zu.

Jeannine Kunert

Dr. Jeannine Kunert war 2020–2022 Volontärin an der Universitätsbibliothek Leipzig und anschließend Open-Access-Referentin in Elternzeitvertretung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert