Das neue Handschriftenportal: Jetzt auch zum Ausprobieren!

Mittelalterliche und neuzeitliche Handschriften? Die meisten kennen sie mindestens aus Filmen wie Der Name der Rose, aber sie sind natürlich in erster Linie unverzichtbare Quellen für viele historisch arbeitende Wissenschaften. Wenn auch nichts das haptische Erleben eines alten Codex ersetzen kann, so ist es doch nicht immer möglich, sinnvoll oder praktikabel, direkt mit dem Original zu arbeiten.

Digitale Zugänge zu historischem Quellenmaterial bringen nun schon seit vielen Jahren große Mehrwerte, sowohl für die nicht mehr von Bibliothek zu Bibliothek reisenden Wissenschaftler*innen (auch ohne Pandemie eine bedeutende Erleichterung) als auch für Handschriften selbst, die nicht mehr so oft am Leseplatz durchgeblättert werden, sondern häufiger in ihren gut klimatisierten Magazinen ohne störendes UV-Licht bleiben dürfen. Auch Handschriftenkataloge und wissenschaftliche Beschreibungen, in denen seit vielen Jahrzehnten in akribischer (Detektiv-)Arbeit Informationen über Handschriften zusammengetragen werden, sind zunehmend digital verfügbar.

Doch Technologien werden abgelöst und Datenstandards etablieren sich – während in den Anfangszeiten digitale Repositorien meist für sich standen, Nutzer*innen sich dadurch jeweils neu einarbeiten und verschiedenartig aufbereitete Daten in parallelen Browserfenstern vergleichen mussten, ist Interoperabilität heute ein zentraler Anspruch an Wissenschaftsinfrastruktur, auch im Bereich der Handschriftenkunde. Das macht die Entwicklung neuer Datenportale nötig. Mitarbeiter*innen der UB Leipzig arbeiten seit Anfang 2018 gemeinsam mit der SBB Berlin, der HAB Wolfenbüttel und der BSB München in einem DFG-geförderten Projekt an einer neuen Heimat für Beschreibungen und Digitalisate von mittelalterlichen und neuzeitlichen Buchhandschriften aus deutschen Sammlungen. Für diese Daten wird das Portal eine zentrale Anlaufstelle bilden und Informationen deutscher Sammlungen und Einrichtungen gebündelt verwalten und präsentieren.

Bestände, die über viele hunderte von Kilometern verstreut sind, können digital in einer einzigen Umgebung nebeneinander gelegt und verglichen werden – dank international etablierter Schnittstellen wie dem International Image Interoperability Framework (IIIF) auch über ihre ursprünglichen Plattformen hinaus. Wissenschaftliche Beschreibungen werden direkt daneben lesbar und zusätzlich weiter aufbereitet. Mit normierten, mittels Linked Open Data maschinenlesbar verknüpften Daten versehen, werden die Beschreibungen in einem Suchmaschinenindex gespeichert und helfen so dabei, unter tausenden Bänden die relevanten Objekte zu finden.

Handschriften faszinieren durch ihre Vielfältigkeit. Genauso vielfältig sind die an sie gerichteten Forschungsfragen und damit auch die Ansprüche an ein deutsches Handschriftenportal. Ab dieser Woche sind nun erste Einblicke in eine Testumgebung möglich: Anhand eines ausgewählten Datensets können unter https://alpha.handschriftenportal.de erste Funktionalitäten ausprobiert und Feedback gegeben werden. Natürlich ist das Portal noch lange nicht fertig entwickelt, aber vieles ist bereits erkennbar: Ein auf dem gemeinsam mit den Stanford University Libraries entwickelten Mirador-3-Viewer basierender Arbeitsplatz lässt Nutzer*innen Beschreibungen direkt neben den zugehörigen Digitalisaten betrachten, mittels IIIF auch dann, wenn diese gar nicht im Portal selbst vorgehalten werden.

Das Datenmodell des Portals ermöglicht eine umfassende Suche und Filterung in unterschiedlichen Dokumenten, immer im Kontext der einzelnen Handschriften.

Zu jeder Handschrift werden auf einer Übersichtsseite alle im Portal vorhandenen Informationen gebündelt und künftig über persistente Identifier referenzierbar sein. Später werden zusätzlich Interaktionsmöglichkeiten entstehen: etwa über Annotationen und Mikropublikationen sowie durch gemeinsam nutzbare Arbeitsbereiche.

Werfen Sie doch auch schon einmal einen Blick in das Handschriftenportal: wenn Sie fachliches Interesse haben oder einfach einmal eintauchen möchten in die Welt zwischen Jahrhunderte alten Buchdeckeln.

Wir freuen uns auf Ihr Feedback und Ihre Anregungen!

Das HSP kann auch mobil.

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