Peter Müller ist laut Google Scholar auf jeden Fall ein goetheskes Universalgenie ganz ganz alter Schule: Ob Mathematik, Physik, Molekularbiologie oder Sozialforschung – er hat zu allem was geschrieben. Die Ergebnisliste umfasst immerhin fast 15.000 Publikationen.
Und Publikationen sind die Währung der Wissenschaft, die Publikationsliste der wichtigste Teil der Visitenkarte der Forschenden. Ob für eine Bewerbung oder für einen Drittmittelantrag, immer muss eine aktuelle Liste der getätigten Publikationen die wissenschaftliche Produktivität belegen. Publish or Perish, heißt die Devise. Wenn es um die Quantität geht, kann sich Peter Müller entspannt zurücklehnen – aber plausibel ist das nicht. Und was, wenn der Namensvetter durch fragwürdige Beiträge auffällt, oder schlimmer durch Plagiat und wissenschaftliches Fehlverhalten? Auch eine Suche in Profi-Datenbanken wie PubMed oder dem Web of Science verbessert die Situation nicht wirklich. Dank seines Umlautes lässt sich Herr Müller in vielen englischsprachigen Datenbanken sowieso nicht ohne Weiteres suchen.
Ist er ein P. Muller? Oder P. Mueller? Oder beides?
Bei ORCID.org, dem Verzeichnis der Open Researcher and Contributer IDs, sind 6 Peter Müllers (+1 Hans-Peter) registriert, und jeder reitet sein eigenes wissenschaftliches Steckenpferd – und eine Suche nach Yan Li ergibt deutlich mehr Treffer als ein Mensch Finger (und Zehen) hat. Die ID funktioniert wie ein Nummernschild für Forscher und macht alle Peter Müllers und Yan Lis dieser Welt voneinander unterscheidbar und eindeutig identifizierbar. Dabei legt natürlich jeder selbst fest, welche Informationen im öffentlichen Profil zu sehen sind – und welche nicht. Hinterlegt werden können hier nämlich nicht nur Publikationen, sondern auch eingeworbene Drittmittel und die verschiedenen Stationen des akademischen Lebenslaufes.
Das ist nicht nur für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst von Interesse, auch Herausgeber und Verlage profitieren davon, wenn sie genauer wissen, wer da publiziert – oder was die Gutachter eines Artikels selbst schon zum Thema publiziert haben. Aus diesem Grund sprechen sich viele Verlage explizit für die breite Nutzung von ORCID aus (zum Offenen Brief).
Unter denjenigen, für die bereits eine ORCID ID für (einreichende) Autoren Voraussetzung ist, finden sich bekannte Namen wie EMBO Press, Science Journals, The Royal Society, eLife und die American Geophysical Union.
Aussehen kann das dann zum Beispiel so wie hier. Das kleine grüne Symbol neben der Autorin leitet mit einem Klick zum ORCID-Profil weiter und gibt Auskunft darüber, welche Arbeiten aus der gleichen Feder stammen. Praktisch ist hier nicht nur der Aspekt der persönlichen Repräsentation der eigenen wissenschaftlichen Errungenschaften, sondern auch ein neuer Service von CrossRef. Als DIE DOI-Registrierungsagentur für wissenschaftliche Publikationen bietet sie seit Kurzem einen Auto-Update-Service an, der neue Publikationen direkt an ORCID übermittelt und den zugehörigen Profilen hinzufügt – das händische Einpflegen von neuen Publikationen sollte also in Zukunft Geschichte sein.
Voraussetzung dafür ist, dass dem Herausgeber die ORCID ID bekannt ist. Zum Glück haben weitere Verlage die Integration von ORCID IDs bereits angekündigt – darunter PLOS, IEEE und Hindawi.
Ich bin doch schon bei Researchgate…
Im Gegensatz zu den wissenschaftlichen Social Networks wie academia oder researchgate können die Daten aus ORCID zudem viel freier mit anderen Systemen ausgetauscht werden. Sowohl die researcherID von Thomson Reuters als auch die Elsevier Autorenprofile (Scopus) lassen sich schon jetzt mit ORCID integrieren, so dass neue Beiträge aus den Datenbanken per Mausklick das ORCID-Profil bereichern können.
Das ist nicht nur für Peter Müller und Yan Li praktisch, das macht auch mit weniger häufigen Namen durchaus Sinn. Mittlerweile kann man zum Beispiel im Web of Science und bei Europe PMC schon nach der ORCID ID gezielt suchen. Und je weiter die Verbreitung dieses Dienstes, umso mehr wird diese zu einem sich selbst verstärkenden Prozess. Und die Wahrscheinlichkeit, dass auch PubMed, Google Scholar, und am Ende sogar Researchgate und Co den Identifier integrieren steigt und steigt…
Also worauf warten? – ORCID-Profil einrichten!
Und bei Fragen oder Problemen hilft das OA Office an der UBL gern weiter.