… aus dem Ausstellungsraum; und nicht irgendein Buch. Sondern eines der wertvollsten, der seltensten botanischen Werke, seiner Entstehung liegt ein Jahrzehnte dauerndes Großprojekt zugrunde, die enthaltenen Abbildungen gehören zum Großartigsten, was je geschaffen wurde:
Die Flora Graeca.
Das historische Werk wurde in sehr geringer Stückzahl gedruckt (unter 30 Exemplare in der ersten und ca. 40 Exemplare in der zweiten Auflage), sein Verkaufwert liegt sicher im 6-stelligen Euro-Bereich, seine Entstehung zog sich über mehr als 50 Jahre. Und erst die Bilder!
Glücklicherweise erklärt sich das mysteriöse Verschwinden des Werkes weder durch eine Straftat noch durch Zauberei. Im Gegenteil, wir haben uns gefreut, am gestrigen Abend Herrn Prof. Hans Walter Lack, Direktor am Botanischen Garten und Botanischen Museum in Berlin-Dahlem, in der Bibliotheca Albertina begrüßen zu dürfen. Er berichtete in einem anschaulichen Vortrag von der spannenden Entstehungsgeschichte der Flora Graeca. Und um die Anschauung noch erfahrbarer zu machen, war das Buch, oder besser ein Band des insgesamt 10-bändigen Werkes, als Star der Veranstaltung mit anwesend.
Zur Geschichte: Ein reicher englischer Gelehrter, Mäzen und Abenteurer, John Sibthorp, reiste auf den Spuren eines der ältesten medizinsch-botanischen Werke überhaupt in den östlichen Mittelmeeraum. Er macht sich auf, die Pflanzen aus dem Manuskript des Dioscurides zu finden, und fand bei seiner Reise über die Gebirge des Griechischen Festlandes, über etliche Inseln der Ägäis bis in die Gebiete der heutigen Türkei zahlreiche damals noch völlig unbekannte Gewächse. Begleitet wurde er von Ferdinand Bauer, einem jungen österreichischen Künstler. Bauer war es, der all die botanischen Funde mit seinem Kohlestift auf Papier bannte. Und um später noch in der Lage zu sein, die Farben der Pflanzen lebensecht und naturgetreu wiedergeben zu können, arbeitete Bauer mit einer sorgfältig ausgearbeiteten und nummerierten Farbskala. Seine Reisezeichnungen waren lediglich schwarz-weiß – und übersät mit Zahlen. Seine Skala erlaubte die herausragende nachträgliche Kolorierung. Über 1000 Abbildungen schuf Bauer so, nicht nur von Pflanzen, sonder auch von der Landschaft, von Fischen und von Vögeln.
Sibthorp starb kurz nach seiner zweiten Expedition in die Heimat des Dioscurides. Durch eine kluge Planung sicherte er dennoch das Erscheinen seines Werkes: testamentarisch verfügte er, die Universität in Oxford erhalte sein nicht unbeträchtliches Vermögen – jedoch erst dann, wenn die Flora Graeca mit mindestens 1000 Abbildungen vollständig erschienen wäre! Und so betätigten sich dann namhafte Wissenschaflter der Univeristät Oxford jahrzehntelang mit der Veröffentlichung des 10-bändigen Werkes.
Die ganze Geschichte ist nachzulesen im Buch von Prof. Lack und Prof. Mabberley: The Flora Graeca Story: Sibthorp, Bauer and Hawkins in the Levant.
Und seit heute früh liegt das Buch auch wieder sicher an seinem angestammten Platz in der Ausstellung Römers Garten, als wäre nichts gewesen.