Der – ach nein – Die neue Hit

Eine neue Reprokamera in der Digitalisierungswerkstatt

Die UB Leipzig betreibt eine eigene dreiköpfige Digitalisierungswerkstatt, in der u. a. mittelalterliche Handschriften fotografiert, aber auch Scans für Dokumentenlieferdienste bereitgestellt und verschiedene Digitalisierungsprojekte im Rahmen des Sächsischen Landesdigitalisierungsprogramms realisiert werden.

Eines ihrer sicherlich optisch beeindruckendsten Geräte ist die Reprokamera HIT vario XXL, die im Jahr 2005 angeschafft wurde. Sie war damals das weltweit beste Kamerasystem zur Reproduktion von verschiedensten Vorlagen und diente u. a. zur Digitalisierung des Papyrus Ebers und des Codex Sinaiticus.

Die HIT im Einsatz bei einer DOD-Digitalisierung einer reich illustrierten Handschrift der „24 Alten“ aus der Anhaltischen Landesbücherei Dessau (Hs. Georg. 230.2°).

Das damals eingesetzte Kameraback der Firma Sinar bot stolze 22 Megapixel, konnte jedoch durch die Multishottechnik, bei der bis zu 16 Aufnahmen miteinander kombiniert werden, immerhin 250 MB an Datenmenge pro Aufnahme erzeugen. Das reichte zwar noch nicht aus, um Vorlagen der Größe DIN A0 nach den DFG-Vorgaben mit 300 dpi zu digitalisieren, für kleinere Formate war das jedoch kein Problem. Hinzu kam die hervorragende Farbwiedergabe des verwendeten Mittelformatsensors.

Größter Nachteil: Die Verarbeitung der entsprechenden Daten dauerte pro Aufnahme bis zu drei Minuten! Größere Digitalisierungsprojekte benötigten dementsprechend ungewöhnlich lange Zeit zur Realisierung. So wurde die Kamera zuletzt nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt.

Reprokamera HIT vario XXL mit PhaseOne iQ 150

Da der Hersteller Homrich seit 2009 nicht mehr verfügbar war und auch die Firma Sinar auf Anfrage keine Möglichkeit sah, die Kamera auf aktuelle Hardware umzurüsten, schauten wir uns nach anderen Herstellern solcher Kamerabacks um und konnten 2020 ein Rückteil von PhaseOne iQ 150 mit 150 Megapixeln Auflösung testen.

Der Test verlief erfolgreich und Ende des Jahres bekamen wir „unser“ Kameraback geliefert. Nach einigen manuellen Anpassungen konnte es an das bisherige Reprosystem adaptiert werden und ist seitdem (nachdem auch die Rechnerhardware angepasst wurde) im Einsatz.

Durch die gezielte Bearbeitung einzelner Farbkanäle in den Rohdaten der Kamera kann die Lesbarkeit deutlich verbessert werden (Ms 850, Bl. 55v).

Die Farbwiedergabe wurde gegenüber dem alten System nochmals verbessert, die Auflösung (bis zu 450 MB pro Datei) reicht nun auch für Vorlagen bis DIN A0 aus. Und das Schönste: Multishot ist nicht mehr nötig, die Daten landen in Echtzeit auf dem Rechner und stehen sofort zur Weiterverarbeitung zur Verfügung.

Nun sind also auch wieder umfangreichere großformatige Werke problemlos in kurzer Zeit und in höchster Qualität digitalisierbar.

Aufnahme der Doppelseite 2v/3r aus der Boethius-Handschrift Ms 1253, die in der  2. Hälfte des 12. Jh. in Ostfrankreich entstanden ist: links ist die Eingangsszene aus dem Werk ‚De consolatione philosophiae‘ (Boethius und die Philosophie) dargestellt, rechts die personifizierten Philosophie Buch und Szepter haltend

Olaf Mokansky

Olaf Mokansky ist Leiter der Digitalisierung an der Universitätsbibliothek Leipzig.

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