In Replik auf Klaus Grafs Beitrag „Bibliothek des bedeutendsten Medizinhistorikers aller Zeiten (Karl Sudhoff) wird verscherbelt“ vom 5. März (https://archivalia.hypotheses.org/98179)
Lieber Herr Graf,
gestatten Sie, dass ich auf Ihre heutige Offensive antworte und einiges richtigstelle, was Sie vorschnell behaupten. Sie werden sehen, dass hier kein Grund zu Alarmismus besteht.
Die Privatbibliothek von Karl Sudhoff und dessen Nachlass kam in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts zur Bayerischen Staatsbibliothek München und wurde dort erschlossen. Es verblieb in Leipzig in der Obhut der Universitätsbibliothek Leipzig die Bibliothek des Sudhoff-Instituts, in der sich keine Bücher aus Sudhoffs Privatbesitz befanden.
Die Institutsbibliothek hat Karl Sudhoff zu Lebzeiten mit aufgebaut. Nach seinem Tod ist auch seine Handbibliothek aus den Räumen des Instituts Teil der Bibliothek geworden, wie zahlreiche andere Werke wissenschaftlicher Art. Es handelte sich in weiten Teilen um eine Fachbibliothek zur Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften, allerdings mit einem großen hausinternen Dublettenbestand. Wertvolle Teile der Bibliothek (wie mittelalterliche Handschriften, Inkunabel, Drucke des 16. und 17 Jahrhunderts, Teile des Nachlasses von Sudhoff) sind im 2. Weltkrieg verloren gegangen, das heißt die Sudhoff-Bibliothek bestand nach 1945 gar nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form. Die Prüfung und Umsetzung der Institutsbibliothek erfolgte in mehreren Etappen, mit dem Ziel, den Grundbestand der historischen Bibliothek zu erhalten. So wurden bereits in den 1990er Jahren die Titel mit Erscheinungsjahr vor 1850 in die Bibliotheca Albertina (Hauptmagazinbibliothek und Standort der Sondersammlungen) umgesetzt, unter Beibehaltung der alten Fachsignaturen des Instituts.
Nun hat die Medizinische Fakultät einen neuen Bibliotheksstandort erhalten (eingeweiht Januar 2019) und das alte Gebäude des Sudhoff-Instituts konnte keine Bücher mehr beherbergen. Bei der Umsetzung der Bestände wurde der Bestand bis 1938 (dem Jahr des Todes von Karl Sudhoff) komplett bewahrt und auch unter den alten Fachsignaturen aufgestellt, um den Gesamtzusammenhang der Bibliothek zu wahren. Alle später erschienenen Titel, wenn nicht dublett, sind in den normalen Bestand entweder der Bibliotheca Albertina oder in die Bibliothek Medizin/Naturwissenschaften umgesetzt worden.
Ich denke, Sie können dieses Vorgehen nachvollziehen. Da die Sudhoff-Institutsbibliothek nicht insgesamt einen herausragenden historischen Wert besitzt, haben wir den alten Bestand mit den Signaturen übernommen und Dubletten darüber hinaus aussortiert, wie das die meisten Bibliotheken tun und aus Platzgründen auch tun müssen. (Wir haben knapp sechs Millionen Bände insgesamt.)
Schmerzlich ist mir, dass Sie – ohne nachzufragen – in die Welt posaunen, wir würden seltene Bücher verkaufen lassen. Richtig ist, dass es sich bei den nun antiquarisch angebotenen Resten um eine breite Palette von Dubletten zu unseren durchweg wertvollen Medizinbeständen in der Regel mit Erscheinungsjahr nach 1850 handelt.
Auch Ihre Beispiele sind Dubletten zu unserem Bestand:
- Nr. 348 Arnold, Friedrich. Icones nervorum capitis. Mit 18 von F. Werner gezeichneten lithogr. Tafeln. Heidelberg, Sumtibus Auctoris, 1834 (in NRW nur in einem Exemplar nachgewiesen)
Hierbei handelt es sich um eine Dublette innerhalb des Bestandes der Institutsbibliothek, ein Exemplar steht unter der alten Signatur in der Bibliotheca Albertina: https://katalog.ub.uni-leipzig.de/Search/Results?lookfor=Icones+nervorum+capitis+arnold - Hahnemann: Ein biographisches Denkmal ist ebenfalls eine Dublette: https://katalog.ub.uni-leipzig.de/Search/Results?lookfor=hahnemann+denkmal&type=AllFields&limit=20&sort=relevance
Bei den Konvoluten handelt es sich überwiegend um Dissertationen und Sonderdrucke, die ebenfalls Dubletten zu weiteren Exemplaren oder der jeweiligen Zeitschrift sind.
Ich schließe mit der Bemerkung, dass die Universitätsbibliothek Leipzig ein hervorragender Standort für die medizinhistorische Forschung ist und bleibt. Es ist die Hauptsorge der UB Leipzig, den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ihre Arbeit zu erleichtern, was wir sowohl mit der Bestandspflege wie mit vielen anderen Aktivitäten tun (beispielsweise der Retrodigitalisierung). Aber das ist ein anderes Thema.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr Ulrich Johannes Schneider
Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig
Ich halte an meiner Kritik fest und kann mindestens ein Exemplar nennen, wo weder die zugrundeliegende Zeitschrift noch der Sonderdruck vorhanden sind: https://archivalia.hypotheses.org/98179 (Nachtrag)
Komisch, der gesuchte Sonderdruck ist doch hier als Band 16 (1874) der Zeitschrift Archiv für klinische Chirurgie (den Zusatz Langenbecks erhielt die Zeitschrift erst später) im Katalog der UBL relativ leicht zu finden:
https://katalog.ub.uni-leipzig.de/Record/0000903248/HierarchyTree#Holdings
Nur ist der Sondertitel nicht extra erfasst.
Ihn gibt es aber frei im Netz:
https://archive.org/details/chirurgischebeob00lang/page/n3