Amarcord in der Albertina – Eine mittelalterliche Handschrift wurde lebendig

Der 3. Sommerkurs für Handschriftenkultur hat sich in der vorletzten Woche im Benutzungsbetrieb der Bibliotheca Albertina gehörig bemerkbar gemacht: Der Forschungslesesaal blieb für eine Woche für den normalen Publikumsverkehr geschlossen, der Vortragsraum war täglich belegt, und am Mittwochabend (11.9.) schloss die Bibliothek sogar bereits um 19 Uhr. Was war da los?

Für eine Woche waren dank der großzügigen Förderung durch die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung 20 hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftler_innen aus dem In- und Ausland bei uns zu Gast, um an einem Vertiefungskurs zur mittelalterlichen Handschriftenkunde teilzunehmen, den das Handschriftenzentrum der UB Leipzig in Kooperation mit dem internationalen Mediävistenverband organisiert hat. Vormittags haben wir vorlesungsartige Crashkurse zu einzelnen Themengebieten geboten, am Nachmittag dann das theoretisch Vermittelte anhand handschriftlicher Originale gemeinsam erprobt. Sechs international renommierte Mittelalter-Expert_inn_en aus Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und Deutschland waren nach Leipzig gekommen, um zusammen mit dem Team des Handschriftenzentrums ihre Kompetenz für den Kurs zur Verfügung zu stellen. Es war eine großartige und intensive Woche gemeinsamen Lernens für uns alle, was auch die sehr positive Evaluation bestätigt hat.

Ein Schwerpunkt unseres Kurses war die Frage, wie im Mittelalter Musik aufgeschrieben wurde und wie wir die liturgischen Handschriften zu verstehen haben, in denen solche Gesänge fast ausschließlich überliefert sind.  Was lag da näher, als eine öffentliche Veranstaltung zu organisieren, bei der die historische Gebrauchssituation des liturgischen Gesangs sinnlich erlebbar gemacht wird.

Foto: Christian Kern
Foto: Christian Kern

Im letzten Jahr hatte das bekannte Leipziger Vokal-Ensemble amarcord eine CD mit Gesängen aus dem Thomas-Graduale aufgenommen, einer liturgischen Handschrift des frühen 14. Jahrhunderts aus dem Leipziger Thomaskloster, die als Leihgabe der Thomaskirchengemeinde bei uns aufbewahrt wird. Von daher bestanden gute Kontakte zu amarcord, und tatsächlich fand sich das Ensemble sofort bereit, als wir sie fragten, ob sie mit uns ein interaktives Konzert gestalten wollten, bei dem nicht nur gesungen, sondern das Gesungene auch durch Experten erklärt, diskutiert und in den historischen Zusammenhang eingebettet wird.

Das Konzert war ein Experiment für uns alle, für amarcord, für die Professoren Felix Heinzer und Jeremy LLewellyn aus Freiburg i. Br. und Basel, die als Musik- und Liturgieexperten mitgemacht haben, und für uns von der Bibliothek. Aber es ist gelungen, denn 140 Besucher_innen füllten am Mittwochabend die Eingangshalle der Albertina bis auf den letzten Platz und hörten gespannt zu, wie amarcord eine ganze Messfeier Station für Station durchsangen und die beiden Experten sich immer wieder mit Erklärungen und Kommentaren einschalteten. Wer wollte, konnte alles in der Handschrift mitlesen, deren entsprechende Seiten auf eine große Leinwand gestrahlt wurden. Und nach 90 Minuten interaktivem Konzert blieben sogar ca. 40 Hartnäckige und diskutierten mit den Sängern und den Experten eine Stunde lang weiter.

BILD-Zeitung beschimpft Jura-Studierende

Gestern hat die BILD-Zeitung Leipzig einen Artikel gebracht, in dem Nutzer_innen der Bibliothek Rechtswissenschaften im Petersbogen pauschal verdächtigt werden, Aufsätze aus Zeitschriften und Büchern zu reissen. Aus Bibliothekssicht kann man sagen: Das ist kein neues und kein besonders aktuelles Problem. Natürlich bedrückt uns alle die Knappheit der Erwerbungsmittel, die dazu führt, dass Mehrfachexemplare nicht im gewünschten Umfang eingestellt werden können. Aber dass deshalb die Sitten verrohen, lässt sich nicht beobachten. Vandalismus kommt immer mal vor, aber das verständnisvolle Handeln der im Prüfungsstress stehenden Nutzer_innen überwiegt – nach allem, was ich weiß.

Die Völkerschlacht wird zum Denkmal. Zeugnisse von 1913

Die Erinnerung an die Völkerschlacht,  die Entstehungsgeschichte des Denkmals sowie die Denkmal-Weihe sind die Themen einer kleinen Kabinettausstellung in der Bibliotheca Albertina, die seit gestern zu sehen ist.
Gezeigt werden u. a. Entwürfe zum Bau eines Denkmales von 1814 bis 1900,
die Weiheschrift und eine Erinnerungsmedaille des Deutschen Patriotenbundes von 1913.

Den thematischen und gestalterischen Rahmen für die Ausstellung geben Seiten mit Blickfenstern aus einem Sonderdruck der Leipziger Neuesten Nachrichten vom 18. Oktober 1913 vor.
Ausführliche Informationen finden Sie hier:
www.ub.uni-leipzig.de/allgemein/ausstellungsarchiv/ausstellungen-2013/die-voelkerschlacht-wird-zum-denkmal-zeugnisse-von-1913.html

Die Ausstellung  ist bis zum 10. November 2013 täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei.

Wartungsarbeiten am Katalog

Am 14.08.2013 zwischen 6:30 und 7:00 Uhr kommt es aufgrund von Wartungsarbeiten zu Einschränkungen bei der Nutzung des UBL Katalogs. Das Recherchieren von elektronischen Zeitschriftenaufsätzen ist in dieser Zeit nicht möglich. Alle Medien, die Sie vor Ort in unseren Zweigbibliotheken finden, sowie E-Journals und E-Books sind recherchierbar. Kontofunktionen, Verlängerungen und die Bestellfunktion sind nicht betroffen.

Handschriften und international relations

Am Donnerstag kam es am späten Vormittag im Handschriftenzentrum zu einer Begegnung zwischen Handschriftenbearbeiterinnen und –bearbeitern aus Leipzig mit zwei Gästen von Prof. Gregory Crane (Humboldt Professur „Digital Humanities“, Leipzig): Neel Smith, Associate Professor am College of the Holy Cross, Massachusetts, und Christopher W. Blackwell, The Louis G. Forgione University Professor of Classics an der Furman Universität, South Carolina. Der Besuch war kurzfristig angekündigt worden. Daher wurde den Gästen anstelle einer Handschriftenschau ein direkter Einblick in die Arbeit des Handschriftenzentrums gewährt.

Neel Smith und Chris Blackwell konnten sozusagen in Echtzeit die laufenden Arbeiten beobachten, kommentieren und Rückfragen stellen. Eine lateinische liturgische Handschrift aus Naumburg zeigte Matthias Eifler, Dr. Werner Hoffmann eine deutschsprachige Handschrift aus dem Dresdener Projekt. Absoluter Höhepunkt, nach eigener Aussage das „highlight“ dieser anderthalb Stunden, war für die Gäste die Begegnung mit der Leipziger Homer-Handschrift Cod.gr.32 (zu der weiter unten Dr. Friederike Berger, die Bearbeiterin der griechischen Handschriften, noch etwas schreiben wird).

Als abschließend Katrin Sturm die Datenbanken Wasserzeicheninformationssystem und Manuscripta Mediaevalia vorstellte, die beide am Leipziger Handschriftenzentrum wesentlich weiterentwickelt bzw. gefüttert werden, kannte die Begeisterung von Neel und Chris schier keine Grenzen. Es wurde deutlich, welcher qualitative Sprung an Erkenntnis stattfinden kann, wenn es gelingt, die unterschiedlichen hoch spezialisierten Kompetenzen zusammenzuführen und miteinander ins Gespräch zu bringen. Genau das geschieht in Leipzig. (Dr. Almuth Märker)

Dr. Friederike Berger mit Neel Smith und Chris Blackwell

Im digitalen Zeitalter ist viel von Text und Metatexten die Rede; die Leipziger Homer-Handschrift Cod.gr.32 ist für dieses Phänomen ein Beispiel aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. Die Geschichte der Handschrift ist spannend: Vielleicht in Thessaloniki entstanden, kam sie wohl über Konstantinopel nach Italien und von dort nach Leipzig. Sie überliefert eine Abschrift der Ilias mit ausführlichen Kommentaren (Scholien), die ein byzantinischer Gelehrter um die Wende vom 13. zum 14. Jh. am Rand und zwischen den Zeilen geschrieben hat. Vieles wird er in seiner Vorlage gefunden haben, anderes stammt vielleicht von ihm oder seinem Lehrer. Im 15. Jh. wurde die Handschrift restauriert, fehlende Teile ergänzt und als Einleitung u. a. der Homerkommentar des Ioannes Tzetzes hinzugefügt. Auch die ergänzten Teile sind kommentiert.

Neel Smith und Chris Blackwell wollen diese mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Texte in der virtuellen Welt des Internets darstellen. Aus jedem antiken Scholion wird dort ein Link und vielleicht kann man dann mit einem Klick erfahren, was man jetzt mühsam lesen muss. (Dr. Friederike Berger)

Ein weiterer Schritt in Richtung Open Access – Uni Leipzig unterstützt die Berliner Erklärung!

Mit der Unterschrift von Rektorin Prof. Dr. med. Beate A. Schücking vom 08.07.2013 unterstützt die Universität Leipzig nun offiziell die Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen. Sie ist somit die 438ste Einrichtung weltweit, gleich nach der Universität Nürnberg-Erlangen und vor der California State University.

Damit bekennt sich die Universität Leipzig unter anderem dazu, Ihre „… Forscher und Stipendiaten darin [zu] bestärken, ihre Arbeiten entsprechend den Grundsätzen des Open Access-Paradigmas zu veröffentlichen“.
Und eben diese Grundsätze werden – wie die Ziele der Open Access Bewegung –  in der Berliner Erklärung definiert. Erschienen ist dieses zentrale Dokument des Open Access vor fast genau 10 Jahren zunächst auf Englisch, mittlerweile liegen Übersetzungen in 10 weitere Sprachen vor. Trotz des im Internetzeitalter stattlich anmutenden Alters ist die Berliner Erklärung aktueller denn je.

Auch die Leipziger Wissenschaflterinnen und Wissenschaftler signalisieren ein zunehmendes Interesse an Open Access Publikationen. So wurden in den vergangenen zwei Jahren über 200 Artikel von Forscher_innen der Universität Leipzig in Open Access Zeitschriften publiziert und auch an der Universitätsbibliothek werden wir uns in Zukunft verstärkt diesem Thema widmen.
Informationen hierzu gibt es auf unseren Open Access Seiten im Internet, und in loser Folge auch hier im Blog.

Genau dieses Buch brauche ich! Nutzergesteuerte Erwerbung für gedruckte Bücher

Vielleicht ist es Ihnen auch schon passiert – Sie recherchieren in unserem Katalog zu einem Thema und stoßen auf einen interessanten Titel, bei dem es dann aber heißt: „Dieser Titel ist noch nicht im Bestand der UB Leipzig. Sie können gebührenfrei einen Beschaffungsauftrag für die Universitätsbibliothek auslösen.“ Über 100.000 überwiegend englisch-sprachiger dieser Titeldaten finden sich in unseren Katalog.
Lösen Sie einen Beschaffungsauftrag für einen solchen Titel aus, wird innerhalb von zwei Tagen die Anschaffung geprüft – geprüft wird etwa, ob wir diesen Titel als E-Book bereits anbieten oder es sich hier um einen Nachdruck eines bereits vorhandenen Titels handelt oder aber wir prüfen insbesondere bei sehr teuren und sehr speziellen Titeln, ob das Buch nicht auch in der Deutschen Nationalbibliothek vorhanden oder per Fernleihe zu beschaffen ist. Die Mehrzahl der Beschaffungsaufträge aber setzen wir um. In der Regel steht Ihnen nach dem Auslösen des Beschaffungsauftrages nach zwei bis drei Wochen der Titel zur Verfügung.
Seit letztem Juni sind auf diese Weise über 450 Titel in die Regale der UBL gewandert; vom Principles of biomedical ethics über Egypt’s political economy und Content marketing bis zu SPSS 20 für Dummies finden sich darunter Titel quer durch alle Disziplinen. So bereichern Sie aktiv den Bestand der Bibliothek und können genau die Bücher nutzen, die Sie brauchen und die uns noch fehlen.
Übrigens: Brauchen Sie einen Buch, das Sie nicht im Katalog finden, können Sie auch einen Erwerbungsvorschlag machen – dafür gilt dann das Gleiche wie oben.

Nun wird getrocknet!

In der Bibliothek Veterinärmedizin sieht es zur Zeit etwas anders als üblich aus:
Grund für dieses Szenario war der Starkregen vor einigen Wochen, bei dem Wasser in die Bibliothek eindrang und uns eine nasse Dämmschicht unter dem Fußboden bescherte.
Die Bibliothek ist durchzogen von Kabeln und Schläuchen und es sind Entfeuchter und anderes Trocknungsequipment aufgestellt. Die Geräte laufen aber nur außerhalb der Öffnungszeiten, so dass Sie hier wie gewohnt in aller Ruhe lernen und arbeiten können.
Einzige Einschränkung ist, dass einige Arbeitsplätze wegen der auf dem Boden verlegten Schläuche nicht nutzbar sind.
Für die nächsten 3 – 4 Wochen wird die Bibliothek in diesem Zustand bleiben müssen, aber danach  wieder auf einem trockenen Untergrund stehen.
Katrin Schmidt, Leiterin der Bibliothek Veterinärmedizin