Ein Buch aus dem Besitz der Anglistin Helene Richter
Am 13. April 2022 ist der „Tag der Provenienzforschung“. Aus diesem Anlass soll an dieser Stelle wieder von der Forschung nach unrechtmäßig erworbenen Büchern an der Universitätsbibliothek Leipzig berichtet werden. Nachdem über ein drittmittelfinanziertes Projekt von 2008 bis 2011 Teilbestände der Bibliotheca Albertina aus dem Erwerbungszeitraum 1933–1973 durchgesehen wurden – die Ergebnisse sind u. a. in einem Ausstellungskatalog und im Katalog der UB sichtbar – untersuchten die Projektmitarbeitenden auch nach dem Ende des Projektes weitere Bestände nach unrechtmäßig erworbenen Büchern, die in der Zeit des Nationalsozialismus geraubt wurden.
Am 19. März 2022 trat die Publikationsrichtlinie der Universität Leipzig in Kraft. Ihr Kern ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit: Wer an der Universität Leipzig forscht, macht dies bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen kenntlich. Das klingt einfach, erweist sich in der gelebten Praxis doch oft als kompliziert – und als verwandt mit einem ganzen Bündel von Themen rund um Transparenz beim wissenschaftlichen Publizieren. Dieser Beitrag beleuchtet die Hintergründe: Warum profitieren die Universität Leipzig und ihre Forschenden von dieser Richtlinie?
Dieser Text von Prof. Dr. Ulrich Johannes Schneider, Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig von 2006 bis 2022, erschien zuerst im Tätigkeitsbericht 2021.
Im Januar 2006 habe ich als Direktor der Universitätsbibliothek Leipzig begonnen und beende meine Tätigkeit nach 16 Jahren und drei Monaten im März 2022. Es war eine mehr als erfüllte Zeit, ein wunderbares Arbeiten in der Bibliothek selber, in und mit der Universität und der Stadtgesellschaft. Ich kam in Leipzig an und brachte sieben Jahre praktischer Bibliothekserfahrung in der Leitung der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel mit (1999–2005). Zugleich war es für mich ein Zurückkommen, denn ich war zuvor sieben Jahre (1992–1999) Assistent am Institut für Philosophie und habe auf dieser Stelle habilitiert, was mich auch in der Wolfenbütteler Amtszeit regelmäßig zur Lehre nach Leipzig führte.
Nächste Woche ist es nun soweit: Der Abschied unseres Chefs nach gut 16 Jahren steht bevor. Wir dachten, wir hätten noch viel Zeit, denn wir wollten ihn doch noch so vieles fragen. Dabei stellten wir fest, dass sieben Fragen nicht reichen und haben ihm zehn gestellt (auch diese reichen nicht, aber nunja). Die Antworten kamen schnell, charmant und eloquent: wie immer. Er wird uns fehlen, wir wünschen ihm alles Gute!
1. Sie haben sich als Philosoph besonders intensiv mit Michel Foucault beschäftigt, sein Name taucht regelmäßig in den Lehrveranstaltungsverzeichnissen unter dem Ihrigen auf. Wenn Michel Foucault für einen Tag nach Leipzig käme, den Sie mit ihm verbringen könnten, wie würde dieser aussehen?
Michel Foucault war für mich als Philosophiehistoriker besonders, ich habe 1980/81 in Paris seine Vorlesungen gehört und entscheidende Anregungen mitgenommen. Es gibt von mir über 40 Aufsätze und zwei Bücher zu diesem Denker, die meistens darum kreisen, wie kulturelle Tätigkeiten ganz praktisch zu begreifen sind. Foucault hat über Diskurse philosophiert und darüber, dass man sie nicht nur auf die Meinung der Autorin oder des Autors festlegen kann, dass in jedem Text zahlreiche Kommunikationen ablaufen und Machtbeziehungen präsent sind.
Wenn ich ihn durch die Magazine der Bibliotheca Albertina führen könnte, würden wir uns sicher schnell einig sein, dass die meisten Bücher im Streit miteinander liegen, dass die Ruhe der nebeneinander stehenden Werke über die Strittigkeit ihrer Inhalte täuscht. Die Geistes- und Kulturgeschichte, das kann man mit Foucault lernen, ist ein Raum voller Debatten und Auseinandersetzungen.
Im Jahr 1724 komponierte Johann Sebastian Bach (1685–1750) die Kantate „Ach wie flüchtig, ach wie nichtig“ (BWV 26), die dem 2021 bewilligten KEK-Modellprojekt der Universitätsbibliothek Leipzig als Motto vorangestellt war. In seiner Funktion als Thomaskantor brachte Bach diese Kantate im Gottesdienst am Ende des Kirchenjahrs zur Aufführung, zu einer Zeit also, in der es um die Vergänglichkeit und Begrenztheit des Daseins geht. In Satz 3, einem Alt-Rezitativ, heißt es dort sinnfällig: „Die Wissenschaft und was ein Mensche dichtet,/wird endlich durch das Grab vernichtet.“
Mit Freude werden sicher einige von Ihnen die neue große Leselounge in der Bibliotheca Albertina wahrgenommen haben, die seit dem Wegfall der Platzbuchungen im Sommer 2021 allen Leser*innen zur Verfügung steht. Sie befindet sich im zweiten Obergeschoss Ost am Anfang der Freihandbereiche Amerikanistik und Anglistik.
Im Zusammenhang mit den Vorfällen von sexualisierter Belästigung in der Bibliotheca Albertina und der Campus-Bibliothek sowie im Hörsaalgebäude am Campus Augustusplatz, erschien am 16. Februar 2022 im Leipziger Universitätsmagazin ein Interview mit Georg Teichert, dem Leiter der Stabsstelle Chancengleichheit, Diversität & Familie. Er ist außerdem Teil einer neuen Arbeitsgruppe zum Umgang mit sexualisierter Diskriminierung und Gewalt an der Universität Leipzig, deren Einrichtung vom Senat am 8. Februar beschlossen wurde. Auch die UBL wird in dieser Runde personell vertreten sein.
In diesem Beitrag teilen wir das Interview, das von Michael Lindner, Pressesprecher der Universität Leipzig, geführt wurde.
Die Digitalisierung der Leipziger Hochschulschriften 1949–1965
Die Universität Leipzig blickt auf eine lange Forschungstradition zurück, in der über Jahrhunderte hinweg zahlreiche Hochschulschriften entstanden, die das akademische Interesse und den Wissensstand ihrer Zeit bezeugen. Teilweise sind die Schriften unikal. Sie zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, gehört zu den zahlreichen Aufgaben der Leipziger Universitätsbibliothek. Die Bestandserhaltung ist jedoch für jede Epoche vor eigene Herausforderungen gestellt. Während Holzwurm und Tintenfraß als Gefahr für mittelalterliche und frühneuzeitliche Schriften durchaus bekannt sind, sind die spezifischen Bedrohungen für jüngere Druckschriften, wie die Leipziger Dissertationen aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts, meist weniger geläufig.
Ein Imam in Paris, ein Stuttgarter in China und das Schreiben mit der Hand
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Die aktuelle Ausstellung der Universitätsbibliothek Leipzig – „Übersetzte Religion. Im Dickicht der wahren Worte“ – ist seit dem 20. Januar 2022 wieder geöffnet. Sie können eine kleine Multimedia-Show im virtuellen Raum oder ab sofort wieder vor Ort besuchen, die Ihnen Einblicke in die faszinierende Welt der Übersetzung von Religion bietet.
Die UB Leipzig stellt Ihren Nutzer*innen jedes Jahr eine Auswahl an EBS-Paketen (EBS = evidence based selection) einzelner Verlage zur Verfügung.
Verlagsangebote begrenzt für ein Jahr
EBS-Modelle sind eine Form der Erwerbung, bei der vorrangig die Bibliotheksnutzer*innen entscheiden, welche E-Books aus den großen Angeboten der jeweiligen Verlage erworben werden sollen. Die Verlage stellen dabei für einen begrenzten Zeitraum – meist von einem Jahr – ihr gesamtes Portfolio oder eine spezifische Sammlung zu einem bestimmten Themengebiet zur Verfügung, die über den Bibliothekskatalog auffindbar und zugänglich gemacht werden.